Der große Fang
Schon 2043 bayerische Steuersünder haben gebeichtet. Bundesweit sind es über 10000 Fälle. Brisante Daten auf der Schweizer CD
MÜNCHEN Jetzt brennt’s: Während Ermittler die Daten der Schweizer Steuersünder-CD auswerten, die Nordrhein-Westfalen angekauft hat, steigt bundesweit die Zahl der Selbstanzeigen. In Bayern ist sie innerhalb kürzester Zeit auf 2043 hochgeschnellt. Gleichzeitig steigt das Risiko für Steuersünder, die bisher unerkannt blieben. Düsseldorf hat mittlerweile an so gut wie alle Bundesländer Daten von Steuersündern übermittelt, die auf der CD auftauchen – auch an Bayern. Demnächst würden Durchsuchungen geprüft, heißt es im bayerischen Finanzministerium. „Es laufen Vorermittlungen“, so Pressesprecher Thomas Neumann. Ermittler filzten zuletzt in Baden-Württemberg Räume von Kontoinhabern. In Bayern gab es bisher keine Durchsuchungen. Promi-Anwalt Steffen Ufer warnt Kontoinhaber davor, sich in Sicherheit zu wiegen. Offensichtlich beschränken sich die Ermittler nicht darauf, die Depots von Kontoinhabern, die auf der CD genannt werden, zu überprüfen. Auch weitere Kunden, die von den Bankberatern der überführten Steuersünder betreut wurden, müssen Nachforschungen fürchten. Mit diesem Vorgehen würden die Ermittler auch künftigen Steuervergehen vorbeugen wollen, sagt Ufer. „Die Bankberater sollen davor abgeschreckt werden, ihre Kunden in Steuerparadiese zu vermitteln“, sagt Ufer Vollends naiv sei es, wenn sich Kunden auf die Diskretion ihrer Bank verließen. Sobald die Ermittler mit einer Durchsuchung drohten, würden die Kreditinstitute „freiwillig alles herausrücken“. Dabei ist juristisch noch gar nicht geklärt, ob die Daten auf der Steuer-CD verwertet werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht will noch in diesem Jahr über diese Grundsatzfrage entscheiden. In dem Fall, über den Karlsruhe berät, geht es um geklaute Daten über Liechtensteiner Stiftungen. Sollten die Richter den Daumen über der Ankaufs-Praxis senken, würden etwaige Strafen hinfällig. Die hinterzogene Steuer müsste allerdings trotzdem samt Zins und Zinseszins entrichtet werden. Einstweilen freuen sich die Finanzverwaltungen der Länder über den warmen Geldregen im Gefolge der Steuer-Affäre. Hessen etwa kündigte vor Kurzem an, das Personal in der Finanzverwaltung aufzustocken, um alle Fälle aufzuklären. „Drei Tage später war die Zahl der Selbstanzeigen von 1430 auf 1545 angestiegen“, freut sich Finanz-Pressesprecher Michael Scheerer. Wie hoch die Mehreinnahmen sind, mit denen Bund und Länder aufgrund der Selbstanzeigen rechnen können, ist noch nicht klar. Niedersachsen rechnete am Freitag mit 55,7 Millionen, Berlin mit 25 Milionen, Schleswig-Holstein mit 37 Millionen Euro. Die größten Summen sind in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen, und Baden-Württemberg zu erwarten, wo es bisher keine Schätzungen gibt. Insgesamt dürften mehrere hundert Millionen Euro zusammenkommen.
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