Das Szene-Problem

"Drogen- und Alkoholkranke, wie es sie auf den Straßen jeder echten Stadt gibt, werden bei uns als Karawane durch die Stadt geschickt." Katharina Rieger über die offene Drogenszene, die sich am Sendlinger Tor trifft.
von  Abendzeitung

"Drogen- und Alkoholkranke, wie es sie auf den Straßen jeder echten Stadt gibt, werden bei uns als Karawane durch die Stadt geschickt." Katharina Rieger über die offene Drogenszene, die sich am Sendlinger Tor trifft.

Junkies beklauen am helllichten Tag Passanten, um Geld für neuen Stoff zu haben. Prostituierte stehen halbnackt neben einer Schule und warten auf Freier. Kinder finden beim Spielen gebrauchte Kondome und Spritzen im Sandkasten. Szenen wie zu besten Christiane F.-Zeiten schieben sich in die Erinnerung, wenn es um das Thema offene Drogenszene geht. Und ja, es gibt und gab Orte in Deutschland, an denen die offene Szene solche Ausmaße angenommen hat – sodass sich ein Mensch auf dem Weg zur Arbeit (die kann übrigens auch süchtig machen) nicht nur mulmig, sondern ganz real bedroht fühlt.

Aber ist die Szene in München wirklich so bedrohlich? Drogen- und Alkoholkranke, wie es sie auf den Straßen jeder echten Stadt gibt, werden bei uns als Karawane durch die Stadt geschickt. Von der Giselastraße in den Englischen Garten ins Marienplatz-Untergeschoss über die Münchner Freiheit zum Orleansplatz. In Haidhausen schließlich wurden Kameras installiert und die Klagen von Anwohner und Händlern verstummten. Aber die Süchtigen verschwinden nicht einfach vom Erdboden, sie treffen sich woanders.

Es mag zynisch klingen, aber man sollte die Sache auch von ihrer positiven Seite betrachten: Süchtige, die vor der Methadon-Praxis abhängen, sind keine Süchtigen, die für Drogen stehlen. Und einen Fehler darf eine liberale Stadt nicht machen: Jede Straftat, die im Umfeld der Szene begangen wird, den Süchtigen in die Schuhe zu schieben

Die Autorin ist stellvertretende Ressortleiterin Lokales

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