Das Imperium ADAC und seine Töchter

Der ADAC darf als Verein keinen Profit machen, seine Ableger erwirtschaften Millionen. Experten kritisieren die duale Struktur des Automobilclubs.
von  mab
Jetzt selbst unter genauer Beobachtung: Der ADAC am Heimeranplatz.
Jetzt selbst unter genauer Beobachtung: Der ADAC am Heimeranplatz. © Daniel von Loeper

München - „Ich bin nur ein kleiner Indianer. Ich trau’ mich nicht. Da müssen Sie die Großen fragen“: Wer die ADAC-Mitarbeiter vor dem Hauptsitz am Heimeranplatz fragt, was sie zum Manipulationsskandal bei der Wahl zum „Gelben Engel“ sagen, erntet nur Schulterzucken und Schweigen. Das passt zum mächtigsten Verein Deutschlands, der sich nur ungern in die Karten blicken lässt.

Seit Dienstag prüft zumindest die Staatsanwaltschaft, ob wegen der vom ADAC gefälschten Zahlen bei der Leserbefragung zum beliebtesten Auto der Deutschen eine Straftat vorliegt. Die Ermittler geben sich aber zurückhaltend. Da der ADAC nicht selbst Autos verkaufe, könne er keinen finanziellen Profit aus der Manipulation ziehen, hieß es.

Offiziell darf der ADAC als eingetragener Verein ja auch keinen Profit machen. Doch der Automobilclub hat sich ein Imperium an Tochtergesellschaften geschaffen. Deren Erträge beliefen sich 2012 auf 1,03 Milliarden Euro – und sorgten für einen Gewinn von fast 85 Millionen Euro. So bietet der ADAC Versicherungen an, mischt über seine Finanzdienste bei Kreditkarten mit, vermittelt Reisen, betreibt einen Verlag und eine Flugzeugflotte. Neuestes Geschäftsfeld: der ADAC Postbus, der der Bahn Konkurrenz machen soll – ein Joint Venture des Automobilclubs mit der Post. Immer im Rücken: die Macht von 19 Millionen Mitgliedern im Verein. Die werden auch über die Hauspostille „Motorwelt“ über die Angebote beworben.

Die gespaltene Identität des Automobilclubs wird von Wirtschaftsexperten kritisiert. Auf der einen Seite der gemeinnützige Verein mit dem mächtigen Präsidium als Non-Profit-Organisation. Auf der anderen Seite das Milliarden-Geschäft der Töchter. Da können sich die Interessen vermischen, glaubt der Hamburger Professor für Wirtschaftsrecht, Michael Adams. Er bemängelt, dass sich der ADAC kaum an Regeln halten muss: „An Transparenz fehlt es, weil das Präsidium im Prinzip alles machen kann, ohne dass Vereinsmitglieder oder Öffentlichkeit davon etwas mitbekommen müssen. Bei Aktiengesellschaften hat man hingegen eine transparente Rechnungslegung und Aufsichtsratsstrukturen, die dazu dienen, den Vorstand zu überwachen.“

In den USA gebe es entsprechende Gesetze für den gemeinnützigen Sektor, so Adams. Doch in Deutschland klopft dem ADAC niemand auf die Finger. So ist kaum überraschend, dass trotz des Manipulationsskandals ADAC-Präsident Peter Meyer an seinem Amt festhalten will. „Ich trete nicht zurück“, sagte Meyer der „Bild“. Die alleinige persönliche Verantwortung für die gefälschten Zahlen habe der zurückgetretene Motorwelt-Chefredakteur Michael Ramstetter.

Doch das so große Imperium ADAC hat nun ein Imageproblem, das sich mit einer Personalie wohl nicht beheben lässt. So will VW nicht mit der Auszeichnung „Gelber Engel“ werben – als Konsequenz aus den gefälschten Zahlen. Ein Sprecher der Wolfsburger forderte eine lückenlose Aufklärung der Umstände. Der Chef der Ford-Werke in Köln, Bernhard Mattes, zeigte sich vom ADAC enttäuscht. Harsche Kritik kam von „Lobbycontrol“: Die Politik müsse künftig besser prüfen, „in welchem Umfang der ADAC überhaupt noch Verbraucherinteressen vertritt“, so das Transparenz-Netzwerk.

 

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