Das Aus für die Glühbirne: Energiespar-Schwindel

Gift, Strahlung und Elektro-Smog: Experten warnen vor den neuen Energiesparlampen. Die Industrie aber wirbt dafür, doch der Grund für die Werbung ist reine Profitgier.
von  Abendzeitung
Die Energiesparlampe
Die Energiesparlampe © dpa

Gift, Strahlung und Elektro-Smog: Experten warnen vor den neuen Energiesparlampen. Die Industrie aber wirbt dafür, doch der Grund für die Werbung ist reine Profitgier.

Klimaschutz ist wichtig – darin sind sich alle einig. Doch statt Klima-Stinker wie Industrie, Flugverkehr oder Automobilhersteller in die Pflicht zu nehmen, verbietet die EU jetzt erstmal alle Glühbirnen. Bringt’s das überhaupt? Und sind die Energiesparlampen ein angemessener Ersatz? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Welche Glühbirnen sind ab 1. September verboten? Birnen ab 100 Watt dürfen nicht mehr vertrieben werden. Außerdem sollen alle matten Birnen verschwinden, auch die mit geringerer Wattzahl. Verkauft werden dürfen sie allerdings noch – bis die Vorräte erschöpft sind. 2010 kommen auch Birnen von 75 bis 100 Watt auf den Index, ab 2012 soll es gar keine Glühbirnen mehr geben. Doch Energiesparlampen sind kein guter Ersatz, kritisiert Ökotest. Dort wurden 32 Energiesparlampen mit zwölf Watt (entspricht 60-Watt-Glühbirnen) getestet.

Nachteil 1: Die neuen Lampen sind gesundheitsschädlich! Energiesparlampen leuchten mithilfe eines Gemisches aus Quecksilber und Edelgas. Absurd: Die EU hat quecksilberhaltige Fieberthermometer und Barometer erst vor kurzem verboten, in Energiesparlampen ist das Gift plötzlich wieder erlaubt. Das Schwermetall macht die Entsorgung der Energiesparlampen nicht nur extrem aufwändig. Wenn eine Lampe kaputtgeht, wird’s sogar richtig gefährlich (siehe Kasten).

Nachteil 2: Die neuen Lampen erzeugen unnatürliches Licht. Die Forscher von Ökotest untersuchten die Lichtzusammensetzung mit dem Spektralradiometer und fanden heraus: Energiesparlampen erzeugen ein Licht mit unnatürlich hohem Blauanteil. Nach Ansicht der Schlafforscher von der Charité Berlin wirkt das blaue Licht wie ein künstlicher Wachmacher: Es hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin und bringt den Tag-Wach-Rhythmus aus dem Gleichgewicht. Augenärzte warnen außerdem vor Schäden der Netzhaut. Glühbirnen sind normalem Tageslicht dagegen ähnlicher. „Die Hersteller bieten zwar mittlerweile auch so genannte warmweiße Energiesparlampen an“, sagt Gabriele Achstetter von „Ökotest“. „Das bezeichnet aber nur die Farbe des Lichts. Das unterbewusst wahrgenommene Lichtspektrum bleibt genauso unnatürlich wie bei herkömmlichen Energiesparlampen.“

Ein weiteres Problem ist der Elektro-Smog: In Energiesparlampen ist eine Elektronik integriert, die das Edelgas-Quecksilber-Gemisch per Elektronen-Ausstoß zum Leuchten bringt. Diese Elektronik pulst in einer ähnlichen Frequenz wie Schnurlostelefone. Bei einer Messung im 30-Zentimeter-Abstand zur Leuchte habe die Elektrosmog-Belastung die für Computerbildschirme geltenden Grenzwerte „deutlich überschritten“, sagt Ach-stetter. Daher sollten Energiesparlampen nicht auf Schreib- oder Nachttisch stehen.

Nachteil 3: Die Lampen halten nicht, was sie versprechen. Die Helligkeitsangaben auf der Packung stimmen oft nicht. Fast durchgängig maßen die Tester niedrigere Werte. „Energiesparlampen kauft man am besten mindestens eine Stufe heller“, rät Achstetter. Außerdem hielten die getesteten Birnen nicht die versprochene Brenndauer von 6000 bis 8000 Stunden. Der Dauertest bei Ökotest läuft noch: „Von 32 Lampen brennen nach 9000 Stunden noch vier Stück, die meisten Lampen machten schon nach 3000 Stunden schlapp.“

Bringt das Verbot wirklich so viel? Laut EU-Kommission werde das Glühbirnen-Verbot den Treibhausgas-Ausstoß der EU pro Jahr um 15 Millionen Tonnen CO2 vermindern. Aber insgesamt gehen nur rund 1,5 Prozent des gesamten Energieverbrauchs eines Haushalts für Beleuchtung drauf. Größere Stromfresser sind Geräte wie Kühlschrank und Spülmaschine und die Internet-Flatrate. Die Hersteller werben massiv für die Energiesparlampen. Kein Wunder: Die Gewinne sind viel höher als bei herkömmlichen Glühbirnen.

Annette Zoch

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