Cent-Münzen in Gefahr
Sie sind teuer in der Herstellung, und sie machen den Geldbeutel schwer: Ein- und Zwei-Cent können wir uns sparen, sagt die EU-Kommission. Aber was wird dann aus der Pfennigspende?
MÜNCHEN Das Kinderhilfswerk ist alarmiert. Sein Spendenaufkommen dürfte schrumpfen, fürchtet der Sprecher der Organisation, Uwe Kamp, und zwar „im hohen sechsstelligen Bereich“. Nicht, dass die Bevölkerung weniger Sympathie mit den Kinderschützern zeigen würde. Aber Ein- und Zwei-Cent-Münzen werden womöglich abgeschafft – und damit de Fakto auch die Spendendosen des Kinderhilfswerks aus Kunststoff, die in vielen Läden stehen.
Das Kleinstgeld kostete die EU bereits 1,4 Milliarden. Die EU-Kommission stellt die kleinsten Münzeinheiten im Euro-Währungsraum auf den Prüfstand. Hintergrund: Die Herstellung der Kupfermünzen ist wegen der hohen Rohstoffpreise ein Verlustgeschäft. Der Materialwert der Münzen ist höher als ihr Nennwert. Die EU-Kommission beziffert die Differenz zwischen Münzwert und Materialeinsatz seit der Einführung des Euro-Bargeldes 2002 auf 1,4 Milliarden Euro.
Ein-Cent-Münzen aus Plastik? Die Rechnung des Kinderhilfswerks ist eine andere. Bundesweit stehen ungefähr 50000 Spendendosen in Geschäften. Rund ein Viertel des Geldes in den Dosen seien Ein- und Zwei-Cent-Münzen, sagt Kamp. Er hält es sogar für möglich, dass die Spendendose komplett verschwindet, wenn Aufwand und Ertrag nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Kamp appelliert an die EU-Kommission, die kleinen Kupfermünzen zu erhalten – etwa durch den Einsatz günstigerer Rohstoffe zur Herstellung. Also Chips aus leichtem Metall wie in der DDR, oder sogar Kunststoffmünzen?
Der x,99-Euro-Unfug hätte ein Ende. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kämpft fürs Kleingeld. „In der deutschen Bevölkerung besteht der Wunsch, an den Kleinmünzen festzuhalten. Ich persönlich kann mich dem nur anschließen.“ Verbraucherschützer warnen vor voreiligen Schritten. „Es bedarf mehr als eines Bauchgefühls, um entscheiden zu können, ob man diese Münzen abschaffen kann“, sagt der Finanzexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Frank-Christian Pauli. Gegen eine Abschaffung spreche, dass sie eine verdeckte Preiserhöhung zur Folge haben könnte, weil Preise aufgerundet werden. Dafür spräche, „dass man weniger Kleinstmünzen als Wechselgeld im Portemonnaie sammelt und dass es eine Abkehr von den x,99-Euro-Preisen geben würde“.
Finnland hat die Münzen schon abgeschafft. Europa wäre jedenfalls nicht der erste Währungsraum, in dem es für kleinste Geldbeträge keine Münzen mehr gibt. Kanada schaffte im vergangenen Jahr seine Cent-Münze ab. Jedes Stück kostete in der Herstellung 1,6 Cent. Zuviel, wie die Regierung fand. Neuseeland schaffte seine Cent-Münzen in den 80er Jahren ab und verzichtet seit 2009 auch auf das Fünf-Cent-Stück. In der Schweiz gibt es seit 2007 keine Ein-Rappen-Stücke mehr. Israel schaffte die Ein-Agora-Stücke 1991 ab, die Fünf-Agorot-Stücke 2008. Auch das Euro-Land Finnland spart sich die Kosten der Prägung von Ein- und Zwei-Cent-Stücken weitgehend. sun