Bush bittet Obama ins Weiße Haus

Der US-Präsident hat in einer TV-Ansprache vor einer schweren Rezession gewarnt. Um sein Rettungspaket durchzubringen, öffnet er sogar seinen Amtssitz für den demokratischen Widersacher. Obama sieht jedoch keine Veranlassung, den Wahlkampf zu unterbrechen.
US-Präsident George W. Bush hat die beiden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain zu einem Krisengespräch zur Lage des amerikanischen Finanzsektors ins Weiße Haus eingeladen. Das Treffen gemeinsam mit anderen Senatoren sei für Donnerstag geplant, hieß es. Ziel sei es, eine schnelle Verabschiedung des 700 Milliarden Dollar schweren Rettungspakets für den Finanzsektor zu erreichen.
Dabei entschloss sich Bush zu einem ungewöhnlichen Weg und rief den demokratischen Kandidaten Barack Obama an, um ihn persönlich einzuladen, wie der Sprecher des Weißenhauses, Dana Perino, mitteilte. Obama habe die Einladung angenommen, sagte ein Sprecher. Der republikanische Präsidentschaftskandidat McCain unterbricht ab Donnerstag seinen Wahlkampf. Er werde sich persönlich in die Beratungen zwischen Kongress und Regierung einschalten, sagte ein Sprecher. Bush warnte am Mittwoch in einer überraschend einberufenen Fernsehansprache vor dramatischen Konsequenzen in der schwelenden Finanzkrise. Falls sich Kongress und Regierung nicht «so schnell wie möglich« auf das Rettungspaket einigen könnten, drohe eine Rezession mit kaum absehbaren Folgen. «Unsere gesamte Wirtschaft ist in Gefahr. Millionen Amerikaner könnten ihren Arbeitsplatz verlieren», sagte Bush. Zudem drohe Panik auf dem Finanzsektor. «Ich bin ein starker Anhänger des freien Unternehmertums», so Bush. Daher habe auch er zunächst Einwände gegen das staatliche Hilfsprogramm gehabt. «Aber derzeit herrschen keine normalen Bedingungen». Deshalb habe er sich für die geplanten Eingriffe der Zentralbank entschieden.
Keine Verschiebung des ersten Duells
Senator McCain forderte, die für Freitag geplante erste Fernseh-Debatte mit Obama zu verschieben. Dies lehnte Obama, der ebenfalls dem Senat angehört, ab. «Das ist genau die Zeit, in der die Amerikaner etwas von uns hören wollen», begründete der 46-jährige Demokrat seine Haltung. Kommentatoren im US-Fernsehen gingen davon aus, dass die Debatte wie geplant stattfindet. Eine Umfrage zeigte, dass 47 Prozent der Amerikaner Obama zutrauen, besser mit der wirtschaftlichen Lage umzugehen, bei McCain waren es nur 35 Prozent. Das erste von drei Rededuellen der beiden Kandidaten ist am Freitag an der Universität von Mississippi in Oxford vorgesehen. Seinen Wahlkampf will Obama wegen der Finanzmarktkrise nicht ändern. «Ich glaube, dass dies jetzt genau die richtige Zeit ist, in der die Amerikaner etwas von demjenigen hören sollten, der in rund 40 Tagen für die ganze Sache verantwortlich ist. Es ist Teil der Aufgabe eines Präsidenten, sich mit mehr als einer Sache zu beschäftigen», sagte Obama. Es sei jetzt nötiger denn je, dass die Amerikaner die Ansichten der Kandidaten kennenlernten.
Geist der Zusammenarbeit
In einer gemeinsamen Erklärung appellieren beide Kandidaten, die Parteipolitik hinter sich zu lassen und zusammenzuarbeiten. «Jetzt ist die Zeit, dass Demokraten und Republikaner im Geist der Zusammenarbeit zum Wohle des amerikanischen Volkes zusammenkommen», hieß es. Das von der Regierung vorgelegte Rettungspaket sei zwar fehlerhaft, dennoch dürften die Bemühungen um eine Lösung nicht fehlschlagen. «Wir dürfen keine wirtschaftliche Katastrophe riskieren.» Im Ringen um das Rettungspaket für angeschlagene US-Finanzunternehmen haben die Demokraten von der Regierung einige Zugeständnisse erreicht. So sollen die Abfindungen für Vorstände, deren Unternehmen von den Rettungsaktionen betroffen sind, begrenzt werden. Die Demokraten drängten am Mittwoch auch weiter darauf, dass der Umfang des Pakets, der von der Regierung mit 700 Milliarden Dollar veranschlagt wurde, drastisch gekürzt wird.
«Die Amerikaner sind wütend, und sie haben Recht»
Finanzminister Henry Paulson stimmte mit Kritikern aus beiden Parteien überein, dass die Bezüge von Vorständen von Unternehmen, die gerettet werden müssen, begrenzt werden. «Die Amerikaner sind wütend über die Manager-Entschädigungen, und sie haben Recht», sagte Paulson im Finanzausschuss des Repräsentantenhauses. «Wir müssen einen Weg finden, dies im Gesetz zu berücksichtigen, ohne die Effektivität des Programms zu beeinträchtigen.» Die Vorschläge der Demokraten, das Rettungspaket zunächst nur auf 150 bis 200 Milliarden Dollar zu begrenzen und bei Bedarf weiteres Geld freizugeben, stoßen bei der Regierung aber auf strikte Ablehnung. (dpa/AP)