Brisant?

Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt über die beginnende Volkszählung.
von  Abendzeitung
Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt
Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt © Ronald Zimmermann

Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt über die beginnende Volkszählung.

Manchmal kann man auch froh sein, dass die 80er Jahre vorbei sind: Nicht nur deswegen, weil Schulterpolster, Popper und Modern Talking damit endgültig Geschichte sind, sondern vor allem weil heute eine Debatte wie die über eine Volkszählung ganz anders – und hoffentlich weniger hysterisch – geführt wird.

Damals – 1983, ein Jahr vor dem angeblich so schicksalsträchtigen Orwell-Jahr 1984 – fürchteten die Bürger den Schnüffel-Staat, der alles über sie weiß und die Daten zur vermeintlich totalen Kontrolle nutzen kann. Das Bundesverfassungsgericht stoppte die Erhebung und führte ein neues Grundrecht – das der informationellen Selbstbestimmung – ein. Künftig solle jeder Bürger wissen und kontrollieren können, was mit seinen persönlichen Daten passiert.

Und was macht der Bundesbürger heute? Er pfeift auf dieses Recht oder nutzt es intensiv – je nach Sichtweise. So stellt er Karten-Anbietern oder Rabatt-Systemen bereitwillig seine Einkaufsdaten zur Verfügung, präsentiert Vorlieben und Freunde per Facebook im Internet oder freut sich darüber, sein Haus oder das seines Nachbarn bei Google-Street-View zu sehen.

Wie brisant ist da noch das Vorhaben des Staates, jetzt alle Immobilienbesitzer zur Nutzung ihres Wohnraums zu befragen? Oder im Mai von Millionen von Bürgern wissen zu wollen, ob die Eltern aus einem anderen Land nach Deutschland eingewandert sind? Diese Daten sind beim Statistischen Bundesamt sicher besser aufgehoben als bei Google.

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