Börsen weltweit im Sinkflug
FRANKFURT/MAIN - Zum Handelsstart am Montag vermelden die Börsen weltweit Tiefstände. Sämtliche Dax-Unternehmen werden von der Finanzkrise ins Minus gedrückt. Die Aktie der Hypo Real Estate stürzt trotz eines Rettungspakets in Milliardenhöhe ins Bodenlose.
Die massiven Verluste an den Weltbörsen und die Verschärfung der Finanzkrise treiben auch den deutschen Aktienmarkt tief ins Minus. Der Dax sackte zum Auftakt am Montag auf den tiefsten Stand seit Juli 2006 ab. In der ersten Handelsstunde verlor er 4,55 Prozent auf 5533 Punkte. Alle 30 Dax-Aktien standen im Minus. Der MDax fiel um 5,42 Prozent auf 6349 Punkte, der TecDax um 5,33 Prozent auf 644 Punkte. Ganz besonders schwer traf es die Aktien der angeschlagenen Finanzbranche.
Die Hypo Real Estate (HRE) setzte trotz des beschlossenen Rettungspakets ihren Sturzflug fort und brach in der ersten Stunde um 33,42 Prozent auf 5,00 Euro ein. Zeitweise fiel die Aktie sogar bis auf 3,45 Euro. Der Dax-Konzern musste in der Nacht zum Montag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche vor einem Zusammenbruch gerettet werden. Das Kreditpaket für die Hypo Real Estate (HRE) wurde von 35 auf 50 Milliarden Euro aufgestockt.
Rücktrittsforderungen gegen HRE-Vorstand
Erst am Samstag war das vor einer Woche ausgehandelte erste Hilfspaket für die HRE-Gruppe überraschend geplatzt, weil die Banken ihre Kreditzusagen wieder zurückgezogen hatten. Die Liquiditätslücke bis 2009 war weit größer als der zunächst angenommene Kreditbedarf von rund 35 Milliarden Euro. «Ein Desaster», kommentierte ein Börsianer mit Blick auf offensichtliche Fehleinschätzungen des Finanzierungsbedarfs. «Es bleibt offen, ob das Volumen des Rettungspakets diesmal ausreicht.» Inzwischen mehren sich Rücktrittsforderungen gegen HRE-Vorstandschef Georg Funke sowie HRE-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz.
Aktien der Commerzbank stürzten um 16,36 Prozent auf 11,86 Euro. Der «Euro am Sonntag (EaS)» zufolge muss die Commerzbank Vermögensgegenstände der Allianz-Tochter Dresdner Bank neu bewerten, um zusätzliche Risiken im Zuge Finanzmarktkrise zu berücksichtigen. Laut einem Börsianer könnte dies Gerüchte wieder aufwärmen, denen zufolge die Fusion zwischen der Commerzbank und der Dresdner Bank platzen könnte. Allianz-Titel verloren 4,48 Prozent auf 94,65 Euro. Aktien der Deutschen Bank fielen um 6,43 Prozent auf 49,60 Euro. Die Papier der Postbank gaben 7,48 Prozent auf 30,06 Euro nach.
Schwache Konjunktur im Euro-Raum
Händler machten die Krise an den Finanzmärkten und die Sorge vor einem weiteren Abrutschen der Konjunktur in der Eurozone für die kräftigen Kursverluste verantwortlich. An diesem Montag kommen die Finanzminister der Euro-Länder in Luxemburg zusammen, um über die Finanzkrise und die Folgen für die Konjunktur zu beraten. Die EU-Kommission rechnet wegen der Finanzmarktturbulenzen für das gemeinsame Währungsgebiet inzwischen nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent im laufenden Jahr.
Auch in Russland und Frankreich war der Aktienmarkt kurz nach Handelsbeginn im freien Fall. Der Moskauer RTS-Index rauschte in den ersten 20 Minuten mehr als sieben Prozent nach unten. Der Micex-Index verzeichnete einen noch höheren Verlust und sackte um 9,6 Prozent ab. Wegen der Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten war der Handel am russischen Aktienmarkt zuletzt mehrfach eingestellt worden. Der Ölpreis, das Rückgrat der russischen Wirtschaft, war in den vergangenen Tagen deutlich gesunken. In Paris ging der CAC 40 mit 4,77 Prozent in den Keller.
Asiens Börsen im Sinkflug
An den Börsen in Asien hatte die Finanzkrise am Montag ihren Auftakt. Die Aktienbörse in Tokyo verzeichnete die niedrigsten Kurse seit fünf Jahren. Der Aktienindex Nikkei, der 225 führende Werte umfasst, sackte um 465,05 Punkte auf 10 473,09 Punkte. Das entspricht einem Kursverlust von 4,25 Prozent. Der TOPIX, welcher alle japanischen Aktien enthält, fiel erstmals seit Dezember 2003 unter die psychologisch wichtige Marke von 1000 Punkten und ging beim Stand von 999,05 Punkten aus dem Markt, 48,92 Punkte niedriger als am vergangenen Freitag.
Am Markt herrscht laut Analysten große Sorge über die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die reale Wirtschaft in Japans wichtigen Exportmärkten. So stürze die europäische Wirtschaft sogar noch schneller in eine Rezession ab als die der USA. Die allergrößte Sorge für Japan ist, dass es als nächstes Asien und vor allem China erwischt. Unterdessen begann die japanische Zentralbank am Montag ihre zweitägige Ratssitzung. Zwar erwarten Beobachter, dass die Bank von Japan (BoJ) diesmal noch die Zinsen unverändert lassen wird. Doch wird zunehmend über eine Zinssenkung zum Ende des Jahres spekuliert.
Neben den Aktienwerten wurde in Asien auch der Ölpreis auf Talfahrt geschickt. An der Börse in Singapur fiel der Preis für ein Barrel leichtes Rohöl am Montag um 1,76 Dollar auf 92,12 Dollar. Zeitweise sank der Preis auf ein Tief von 91,60 Dollar, bevor er wieder anzog. Grund seien die rückläufige Nachfrage in den reichen Staaten der Welt sowie die Sorge vor einer weltweiten Abschwächung der Konjunktur oder sogar einer Rezession, sagte der Energieexperte Victor Shum.
Milliarden zur Stabilisierung der Märkte
Es war der erste Handelstag in Tokio, nachdem in den USA das Abgeordnetenhaus am Freitag nach zähen Verhandlungen im zweiten Anlauf das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für die Finanzbranche gebilligt hatte. Die japanische Zentralbank pumpt bereits am 14. Handelstag in Folge eine Billion Yen (6,9 Mrd. Euro) in den Geldmarkt, um für Stabilität zu sorgen und die Banken zu ermuntern, sich gegenseitig wieder Mittel zu leihen. Auch an den anderen asiatischen Börsen sind die Kurse im freien Fall. In Hongkong sank der Hang-Seng-Index um 3,7 Prozent auf 17.198. Auch die Börsen auf dem chinesischen Festland, in Australien, Südkorea, Singapur und Thailand tendierten deutlich schwächer. Der wichtigste indonesische Index stürzte um mehr als fünf Prozent ab. (dpa/AP)