Blaumachen: Krank mit Ansage

Alarmierende Umfrage: Jeder zwanzigste Arbeitnehmer will im Herbst mindestens einmal blaumachen – als Grund wird vor allem der Stress im Job genannt.
von  Abendzeitung
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Alarmierende Umfrage: Jeder zwanzigste Arbeitnehmer will im Herbst mindestens einmal blaumachen – als Grund wird vor allem der Stress im Job genannt.

MÜNCHEN Die Arbeitsverdichtung in der Firma wächst, der Stress im Job wird immer größer – da ist der Ärger mit dem Boss programmiert. Eine große Zahl von Arbeitnehmern glaubt, sich da eine kleine Entlastung genehmigen zu dürfen: 1,7 Millionen Deutsche, das sind immerhin fünf Prozent der Beschäftigen, planen regelrecht, sich im kommenden Herbst hin und wieder krankschreiben zu lassen. Das ergab eine Emnid-Umfrage.

Obwohl derzeit gesund, will jeder Zwanzigste im Lauf der nächsten Monate ganz bewusst „auf krank machen“. Als Gründe werden in der von dem Gruppendynamik-Institut Systhema und von Webmail in Auftrag gegebenen Umfrage mögliche psychische Probleme, zunehmender Druck oder Konflikte am Arbeitsplatz genannt. Eine ganze Anzahl bekennt aber auch offen, sie werde krank feiern, „um ihrem Arbeitgeber eins auszuwischen“.

Die Zeitdauer der Auszeit ist dabei sehr verschieden: Die meisten denken an einen Tag, zwei Prozent der Befragten geben an, drei Tage zu Hause zu bleiben, weitere zwei Prozent wollen gar eine ganze Woche fehlen. Ein Prozent der Umfrageteilnehmer strebt sogar eine Krankschreibung von mehr als drei Wochen an – das sind hochgerechnet auf die Arbeitnehmer in Deutschland immerhin 340000 Beschäftigte.

Auffallend ist, dass fast die Hälfte der Blaumacher in der leistungsstarken Gruppe der 30- bis 39-Jährigen zu finden ist. Die unter 30-Jährigen und über 50-Jährigen sehen dagegen Krankfeiern nicht als adäquate Lösung. Bei ihnen wollen sich viel weniger vorsätzlich krankschreiben lassen.

Viele sagen zur Begründung ihrer „Erkrankung“ mit Ansage, ihr Fehlen falle in der dunklen Jahreszeit, in der viele Kollegen echt krank sind, weniger auf. Andere sagen, sie wollten sich einem Konflikt in ihrer Firma entziehen.

Weitere Befragte gaben zu: „Da ich weiß, dass ich unabhängig von meinem Job immer Depressionen bekomme.“

Wie riskant sind solche geplanten Krankschreibungen? Eigentlich wenig, sagt Juliane Binder Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Münchner Kanzlei SKW Schwarz. Für den Arbeitgeber sei es äußerst schwer zu beweisen, wenn eine reguläre Arbeitsunfähigkeits-Bescheinung vorliegt. In der Praxis komme ein solcher Nachweis nur sehr selten vor.

Wann kann man beim Krankfeiern erwischt werden?

Das ist laut der Anwältin meist dann der Fall, wenn einem Beschäftigten der Urlaub verweigert wurde und er dann just für diese Zeit ein Attest vorlegt.

Wie schwer ist es, sich als Gesunder krank schreiben zu lassen? Juliane Binder: „Ich glaube, das ist nicht so schwer, da finden sich immer Ärzte. Und es ist ja auch tatsächlich schwierig, in der kurzen Zeit zum Beispiel eine Depression zu diagnostizieren.“

Was ist generell bei Krankmeldungen zu beachten? Sie muss, so die Arbeitsrechtlerin, sofort, also noch vor Arbeitsantrrit, erfolgen. Dass Attest muss, je nach Arbeitsvertrag, am ersten bis dritten Tag eingereicht werden. M. Heinrich

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