Bioland: "So wird Bio in der Nische gehalten!"

Wegen der geplanten Verschärfung der EU-Bio-Richtlinien fürchten Branchenvertreter, dass Bauern und Händler aussteigen und die Produkte für den Endverbraucher teurer werden.
von  Myriam Siegert

Wegen der geplanten Verschärfung der EU-Bio-Richtlinien fürchten Branchenvertreter, dass Bauern und Händler aussteigen und die Produkte für den Endverbraucher teurer werden. Die AZ hat mit Gerald Wehde, Experte für Agarpolitik beim Verband Bioland, gesprochen.

AZ: Herr Wehde, wie stehen Sie zu den geplanten Neuerungen der EU-Kommission?

GERALD WEHDE: Die Verordnung darf in dieser Form nicht in Kraft treten. Wir hatten erst vor sechs Jahren eine komplette Revision der Vorschriften, jetzt alles komplett neu aufzusetzen hätte jahrelange Diskussionen zur Folge und würde zu großer Verunsicherung in der Branche führen. Verbesserungen sollten lieber auf der bestehenden Basis durchgeführt werden, Kontrollen sollten verschärft und die eigentlich geltenden Standards in allen EU-Staaten durchgesetzt werden.

Welchen Punkt erachten Sie als besonders schwierig?

Fatal ist die Neuregelung für besonders scharfe Grenzwerte für Pestizide und andere Schadstoffe. Biobauern verwenden solche Stoffe nicht, die möglichen Spuren stammen von äußeren Einflüssen, etwa Belastungen durch Pestizide, die kilometerweit von konventionell bewirtschafteten Feldern herübergeweht werden können. Oft ist überhaupt nicht feststellbar, woher Rückstände kommen.

Wenn die geplante Verschärfung so kommt, wird die Branche komplett in Frage gestellt, denn wenn man nur auf die Endprodukte kuckt und nicht auf die Art und Weise der Herstellung, werden die Grundprinzipien der Bio-Produktion in auf den Kopf gestellt. Es würden die bestraft, die ohnehin schon umweltfreundlich arbeiten, sttatt sich auf die Verursacher zu konzentrieren.

Welche Konsequenzen für die Branche fürchten Sie durch die Verordnung?

Auf Produzenten und weiterverarbeitende Betriebe kämen enorme Kosten zu. Für die Analysen zur Qualitätssicherung geben die Betriebe, wie Molkereien oder Futtermühlen, heute schon zehntausende Euro aus. Die Bio-Produktion würde endgültig zu teuer. Wir fürchten, dass Hersteller und Bauern aussteigen oder sich gar nicht erst dafür entscheiden auf Bio zu setzen. 

Welche Folgen hätte das für den Verbraucher?

Mit der Neuregelung wird Bio in einer Nische gehalten. Bio wird so nicht weiter wachsen, weil weniger produziert wird. Die Nachfrage steigt aber trotzdem stetig, vor allem nach Bio-Produkten aus der Region. Die Produkte würden deshalb teurer und für weniger Menschen erschwinglich. Der Anteil der Auslandsware würde steigen. Und auch das Riskio für Betrug steigt weiter.

Die Neuerung erreicht also keine Förderung der Branche oder Verbesserung für die Verbraucher, sondern genau das Gegenteil

 

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