"Bio" in der Krise?
Die Bio-Supermarktkette Basic muss vier Geschäfte schließen Das ganz große Wachstum im Markt der Öko-Lebensmittel ist vorbei. Trotzdem verlangen die Leute nach Naturkost – und bekommen sie inzwischen in fast jedem Supermarkt
Weinende Mitarbeiter, Millionen Euro Verluste – gleich vier Filialen muss die Bio-Supermarktkette Basic schließen (AZ berichtete). Steckt dahinter nur Missmanagement oder ist der Bio-Boom vorbei?
Der Bedarf der Menschen an Bio-Lebensmitteln ist ungebrochen groß. Von Januar bis September 2008 macht die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wieder deutliche Zuwächse aus. „Zwar wird die Kurve etwas flacher, aber der Markt wächst weiter. Die Menschen geben immer mehr Geld für Bio-Produkte aus“, sagt Helmut Hübsch von der GFK zur AZ.
Am meisten profitiert der „normale“ Lebensmitteleinzelhandel. „Da gibt es in diesem Jahr Zuwächse von bis zu 20 Prozent“, sagt Hübsch. Das sind die Bio-Angebote der großen Ketten wie Aldi, Plus, Lidl oder Rewe. Die bringen den Markt mehr und mehr in Bewegung – an die Substanz der Bio-Supermärkte geht das aber nicht. Denn auch die verkaufen 2008 mehr als im Vorjahr – um rund zehn Prozent, sagt der Experte. „Die Preisunterschiede zwischen Bio-Supermärkten und Bioprodukten in anderen Supermärkten sind nicht besonders groß“, erklärt der Konsumforscher. Noch gebe es keinen Preiskampf.
Gesundheit ist der Kaufanreiz. Da sparen die Kunden nicht
Laut GfK kauft der traditionelle Naturkostkunde inzwischen zwar hin und wieder Bio-Milch bei Aldi – auf seinen speziellen Laden verzichtet er deswegen aber nicht. Allerdings: „Entscheidungskriterium Nummer eins ist für die Leute immer noch: Ist der Laden in meiner Nähe?“, sagt Helmut Hübsch. „Durch die Benzin-Preise hat sich das nochmal verstärkt. Die Leute wollen keine langen Wege.“ Praktisch also, wenn der Bioladen gleich im Supermarkt integriert ist. Besonders in den Großstädten sind aber auch die großen Bio–Märkte gut vertreten. Am meisten Basic-Läden hat München: fünf. Zwei neue Geschäfte sollen im Dezember und Februar dazukommen.
Trotz gestiegener Energie- und Lebensmittelpreise sparen die Leute offenbar nicht am Luxus Bio. „Die meisten kaufen Bio-Produkte, weil sie sie für gesünder halten – und an der Gesundheit wird nicht als erstes gespart“, sagt Hübsch.
Besonders zugelegt hat das „Trockensortiment“, also alles, was nicht frisch oder im Kühlregal ist: Vom Keks über den Tee bis zur Konserve. „Hier ist schlicht das Angebot größer geworden.“ Kein Plus gabs es dagegen bei Gemüse wie Tomaten, Kartoffeln oder Karotten. „Das kann aber auch an der Verfügbarkeit liegen – es gab wenig Ware.“
Das ist das Ergebnis eines kleinen Bio-Skandals. Gemüse aus Italien etwa stellten sich im Jahr 2006 als Schummelware heraus: Tomaten und Karotten waren als Bio etikettiert, in Wahrheit aber stammten sie aus herkömmlicher Produktion, waren mit vielen Schadstoffen belastet. „Jetzt achten die Italiener sehr darauf, dass das nicht mehr passiert – das Ergebnis ist, dass es weniger Bio-Gemüse gibt“, sagt Hübsch.
Dass in Bio auch wirklich Bio drin ist, das stellte kürzlich auch das Baden-Württembergische Landwirtschaftsministerium fest. Als einziges Bundesland lässt Baden-Württemberg Bio-Waren aus ganz Europa jährlich von Chemie-Analytikern prüfen. So wurde 2006 auch die italienischen Karotten als Schummel entlarvt.
Das Ergebnis für 2007: Die Qualität der ausländischen Produkte ist mittlerweile fast auf dem Niveau der deutschen Produkte. Und: nur bei 7,5 Prozent der Produkte gab es die Beanstandung, dass sie unzulässig behandelt oder mit konventioneller Ware gemischt wurden.
Tina Angerer
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