Bildung ist wichtiger als 50 Euro mehr

Der Neuköllner Bürgermeister sagt, Kinder dürften kein Einkommensfaktor sein
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Waschechter Berliner: Heinz Buschkowsky
Thomas Gaulke Waschechter Berliner: Heinz Buschkowsky

Der Neuköllner Bürgermeister sagt, Kinder dürften kein Einkommensfaktor sein

Dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV Diskussionen auslösen würde, war klar. Im Moment aber scheint das Feld für eine sachbezogene Debatte vermint. Altrömische Dekadenz und Sozialismus greifen unsere Gesellschaftsordnung an und der Vizekanzler mutiert zum Esel oder zur Reinkarnation des Jörg Haider, so lauten die ausgetauschten Nettigkeiten.

Ein Thema aber ist zu wichtig, um es dem üblichen Austausch von Verbalinjurien der Parteipolitik zu überlassen: Es geht um die Grundsicherung für Kinder mit einem eigenen Lebensbedarf. So wie bisher können wir damit nicht umgehen. Das hat uns das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben. Aber: Bei Kindern geht das Existenzminimum über die rein physische Versorgung hinaus. Bildungserwerb und Chancengerechtigkeit sind ihr ebenwürdig, denn sie prägen den gesamten Lebensweg. Ziel muss es sein, die Kinder zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben zu führen.

Das gelingt nicht immer. In keinem Land Europas ist die soziale Stellung der Eltern so entscheidend für die Zukunft der Kinder wie bei uns. Die Zahl der erziehungsüberforderten Eltern steigt dramatisch von Jahr zu Jahr. Bundesweit wenden wir 6,4 Milliarden Euro für die Hilfen zur Erziehung durch die Jugendämter auf. Jedes vierte Kind verlässt die Schule ausbildungsunfähig.

Wenn wir 20 oder 50 Euro monatlich mehr überweisen, wird sich die Welt der Kinder gerade in den Milieus der Bildungsferne nicht ändern. Deswegen ist der Fokus auf das Familienbudget falsch, Kinder dürfen kein Einkommensfaktor sein.

Verbindliche Vorschulerziehung, Ganztagsschulen, kostenloses Mittagessen und Sozialarbeiter an den Schulen sind hilfreicher als Pay-TV. Der durch die letzte Bundesregierung geschaffene Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab dem ersten Lebensjahr ist goldrichtig. Krippen und Kindergärten sind Sozialisations- und Bildungseinrichtungen und kein sozialistisches Teufelswerk.

Statt Eltern belohnen zu wollen, dass sie ihre Kinder nicht in den Kindergarten geben, sollte man mit dem Geld lieber Kostenfreiheit einführen. Die Bundesrepublik gibt von allen OECD-Staaten das meiste Geld für die Familienpolitik aus. Auf der Erfolgsskala sind wir vor der Slowakei und Nordkorea die drittletzten. Das Urteil ist eine Chance, etwas zu ändern.

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