Bilanz der Lebensmittelkontrolleure
Auf vielen Tellern liegt, was eigentlich nicht serviert werden sollte. Die AZ stellt schwarze Schafe und heikle Punkte vor
MÜNCHEN Seezungen, die keine sind, Anti-Aging-Produkte mit giftigen Substanzen, gammliges Essen in Restaurants. Der neue Bericht zur Lebensmittelüberwachung kann übel aufstoßen. Fast die Hälfte der Betriebe, die Lebensmittel herstellen oder verkaufen, wurden 2011 kontrolliert – ein Viertel von ihnen beanstandet. Diese Bilanz stellte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Donnerstag in Berlin vor. Im Blick haben die die Lebensmittelüberwacher aber nicht nur die Hygiene. Die AZ nennt die wichtige Punkte:
Täuschung
210 mal untersuchten Labore 2011 Seezungen. Ergebnis: Fast die Hälfte der Proben waren gar nicht von dem Edelfisch. Bei Fischfilets wurden in 47 Prozent der Proben eine abweichende Fischart nachgewiesen. Jakobsmuscheln entpuppten sich in Hamburg als Kammmuscheln.
Internethandel
Schwarze Schafe sind hier meist Schlankheitsmittel, Anti-Aging-Produkte und Sportlernahrung. „Tatsächlich enthalten viele Mittel gesundheitsschädliche Substanzen“, so Dr. Georg Schreiber vom BVL. 25 Prozent der Unternehmen, die übers Netz Lebensmittel verkaufen, waren gar nicht registriert. Seit Beginn 2011 gibt es ein Pilotprojekt zur Kontrolle des Internethandels mit Lebensmitteln.
Keime auf Sprossen
2011 wurden in einem Programm 154 Proben von Keimlingen und Sprossen untersucht, 5 waren auffällig. Es soll weiter kontrolliert werden. Denn: Schon eine geringfügige Kontamination könne zu einem „schweren Krankheitsgeschehen“ führen, so BVL-Chef Dr. Helmut Tschiersky-Schönburg.
Spezielle Lebensmittel
Ganz oben stehen „Lebensmittel für besondere Ernährungsformen“: Gemeint sind Nahrungsergänzungs- oder Diätmittel. 22 Prozent der Proben wurden beanstandet. In Sportlernahrung fand sich das Dopingmittel DMAA, in einem Schlankheitsmittel eine Substanz, die ihre Zulassung als Arzneimittel verloren hatte.
Stillstand beim Dauerthema Hygiene
933751 mal klopften 2011 die Lebensmittelüberwacher an die Türen von Betrieben. In 27 Prozent wurden Verstöße festgestellt. Die Zahl stagniert auf dem Niveau der Vorjahre. Mittlerweile werden Betriebe, die Strafen über 350 Euro aufgebrummt bekommen in Bayern im Internet aufgelistet (AZ berichtete). Den Verbraucherschützern von Foodwatch geht dies alles nicht weit genug. Die Organisation fordert weiterhin ein Smiley-System, wie es beispielsweise in Dänemark etabliert ist (siehe Kasten). Foodwatch-Sprecher Martin Rücker sieht es nüchtern: „Wenn Sie in vier Kneipen gehen, dann ist da eine dabei, bei der etwas nicht stimmt.“ Der Verbraucher könne dies von außen auch nicht erkennen. Rücker: „Welcher Wirt lässt den Gast schon in die Küche rein?“
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