BGH stärkt Sparkassenkunden in Klausel-Streit

Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte privater Kreditkunden bei Sparkassen gestärkt: Die Institute dürfen bei Kreditverträgen nicht mehr willkürlich an der Kostenschraube drehen und müssen etliche Verträge verständlicher formulieren.
von  Abendzeitung
Die Sparkassen müssen nach einem Urteil des BGH Hunderttausende von Kreditverträgen ändern.
Die Sparkassen müssen nach einem Urteil des BGH Hunderttausende von Kreditverträgen ändern. © dpa

Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte privater Kreditkunden bei Sparkassen gestärkt: Die Institute dürfen bei Kreditverträgen nicht mehr willkürlich an der Kostenschraube drehen und müssen etliche Verträge verständlicher formulieren.

Ein entsprechendes Urteil gegen eine derzeit oft übliche Zins-Klausel fällte der BGH am Dienstag in Karlsruhe. (XI ZR 55/08 und XI ZR 78/08)

Damit wird eine Formulierung in den Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt. Denn laut Klausel dürfen die Zinsen und Entgelte je nach Marktlage und Aufwand und «nach billigem Ermessen festgelegt und geändert» werden. Das ist viel zu schwammig, kritisierten der für das Bankrecht zuständige BGH-Zivilsenat - und es benachteiligt die Kunden unangemessen. Nach Überzeugung von Verbraucherschützern wackeln nun auch zahllose Vereinbarungen über Dispokredite von Girokonten. Denn oft wirkten sich Zinssenkungen am Markt auf Überziehungszinsen nicht aus, erklärte die Schutzgemeinschaft für Bankkunden (SfB/Spalt/Bayern), die sich bereits in den Vorinstanzen gegen zwei Sparkassen aus Fürth und Frankfurt/Oder durchgesetzt hatte.

«Das ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz», sagte SfB- Anwältin Heidrun Jakobs auf Anfrage. Ihrer Einschätzung nach sind alle Verbraucherdarlehen der Sparkassen von dem Urteil betroffen. Auch die Geschäftsbedingungen der Privat- und Genossenschaftsbanken, die ähnlich lauteten, ständen auf dem Prüfstand. Sparkassenkunden riet sie, Kreditverträge rückwirkend überarbeiten zu lassen. «Betroffene Kunden können zu viel gezahlte Gebühren einfordern», sagte auch der SfB-Vorsitzende Jörg Schädtler.

Die Klauseln in den Vertragsbedingungen, mit denen die Kosten für Bankleistungen festgesetzt werden, müssten klar und nachvollziehbar formuliert sein, heißt es in dem BGH-Grundsatzurteil zu den Kreditverträgen. «Die Klausel entspricht insofern nicht den Anforderungen, als dass keine eindeutigen Voraussetzungen geregelt sind», bestätigte der Vorsitzende Richter des BGH-Senats, Ulrich Wiechers, die Auffassung der SfB.

Unter anderem könnten die Sparkassen mit der Klausel in der derzeitigen Fassung Entgelte auch für Leistungen erheben, für die sie eigentlich keine Vergütung beanspruchen können, weil sie gesetzlich vorgeschrieben sind. Kostenlos müssten auch Leistungen erbracht werden, die die Sparkassen «ausschließlich im eigenen Interesse» vornehmen. Dazu gehören laut BGH zum Beispiel das Bearbeiten von Kontenpfändungen und Barauszahlungen am Schalter. Außerdem enthalte die Klausel keine eindeutige Pflicht zum Herabsetzen der Entgelte, sollten die Kosten sinken.

Gelassen reagierte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband auf das BGH-Urteil. Die beanstandete Klausel komme in der Praxis nur sehr selten zum Tragen, sagte eine Sprecherin. «Sie greift nur dann, soweit nichts anderes vereinbart ist», sagte sie. Es sei zum Beispiel bei Verbraucherkrediten gesetzlich vorgeschrieben, dass der Zinssatz vertraglich festgelegt werden müsse. «Auch die Voraussetzungen, unter denen die Zinsen angepasst werden können, werden im Kreditvertrag bestimmt», hieß es. In diesen Fällen habe die kritisierte Klausel bereits früher keine Rolle gespielt. «Wir gehen davon aus, dass die vertraglichen Vereinbarungen hinreichend konkret sind und auch den Anforderungen der jetzt geänderten Rechtsprechung genügen», sagte die Verbandssprecherin weiter.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.