BGH kippt Bankgebühren
Institute dürfen keine Extra-Gebühren für Kredite verlangen – denn sie bekommen ja schon Zinsen. Mit diesem Urteil können nun zahlreiche Betroffene ihr Geld zurückverlangen
Karlsruhe - Gute Nachricht für Kreditkunden: Die von vielen Banken verlangten Bearbeitungsgebühren sind vermutlich unzulässig, urteilte der Bundesgerichtshof gestern. Er kippte die entsprechenden Klauseln. Das heißt: Die Institute müssen vermutlich Millionen zurückzahlen, die Verbraucherrechte sind massiv gestärkt.
Worum geht es? Viele Banken verlangen für Konsumentenkredite zusätzlich zu den Zinsen noch eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1,0 bis 3,5 Prozent der Summe. Konkret geklagt hatte nun ein Kunde der Postbank, dem für einen Nettokredit über 40000 Euro noch eine Extra-Gebühr von 1200 Euro berechnet worden war. Er hatte den Darlehensvertrag 2012 im Internet aufgenommen, eine vorgefertige Vertragsmaske ausgefüllt – die entsprechende Klausel über die Gebühr war ein Teil davon. Untere Instanzen wie die das Landgericht Bonn urteilten, dass die Klausel unwirksam sei: Sie benachteilige Verbraucher unangemessen. Denn die Banken erhielten ihre Bezahlung für einen Kredit bereits über die Zinsen, da dürften sie für eine sowieso zu erbringende Leistung – die Bearbeitung – nicht nochmal extra was verlangen.
Was sagt das BGH? Es hat sich der Auffassung der unteren Instanzen angeschlossen: Die Klauseln, dass neben den Zinsen auch ein Bearbeitungsentgelt zu zahlen ist, sind unwirksam, so der Vorsitzende Richter des 11. Zivilsenats, Ulrich Wiechers. Da werde etwas auf die Kunden abgewälzt, was die Institute im eigenen Geschäftsinteresse tun oder wozu sie gesetzlich verpflichtet seien. Kunden wie Banken hatten gespannt auf das Grundsatzurteil gewartet, allein beim BGH liegen laut einer Gerichtssprecherin etwa 100 weitere ähnliche Verfahren.
Schon 2012 wollte der BGH eigentlich über das Thema urteilen, aber die beklagte Sparkasse zog lieber in letzter Sekunde ihren Revisionsantrag zurück: Sie zahlte lieber den einen klagenden Kunden aus, als ein Präzedenz-Urteil zu riskieren, das dann auch allen anderen eine Rückforderung ermöglich hätte. Aber jetzt ist das Urteil da. Auch BGH-Richter Riechers sprach von „gewaltigen Beträgen, die da zusammenkommen können“. Er habe in seinen 20 Jahren am BGH noch nie so einen „Tsunami“ an ähnlichen Fällen erlebt.
Können dann auch andere Kreditnehmer ihre Gebühren zurückfordern? Ja. Die Stiftung Warentest bietet im Internet Musterbriefe an, die Betroffene ihren Banken schicken können (www.test.de). Tipp der Experten: Suchen Sie Ihre Kreditunterlagen (nur Konsumentenkredite, keine Baufinanzierung). Haben Sie Gebühren bezahlt, fordern Sie diese sofort per Musterschreiben zurück. Finanztest vermutet, dass manche Banken erstmal nicht zahlen wollen. Tatsächlich gilt das Urteil direkt nur für die zwei verhandelten Fälle. „Gerichte beachten jedoch die Vorgaben des BGH für gleich gelagerte Fälle. Schalten Sie einen Anwalt ein, wenn Ihr Institut nicht zahlen will“, rät „Finanztest“ – aber erst dann, sonst müssen Sie die Anwaltskosten selbst zahlen.
Unklar ist aber noch die Frage, wie weit zurück das Urteil reicht. Wegen der Verjährungsfristen gilt es vorerst nur für Kreditverträge, die ab dem 1. Januar 2011 geschlossen wurden. Einige der unteren Instanzen waren der Ansicht, dass die Verjährungsfrist erst im Jahr 2011 mit den Urteilen von Oberlandesgerichten begonnen hat – dann könnten Betroffene die Rückerstattung für Gebühren ab 2003 durchsetzen. Über diese Frage will der BGH noch heuer eine weitere Entscheidung treffen. Die Kreditwirtschaft reagierte gestern verschnupft: Die Bearbeitungsgebühr sei für den Kunden doch immer transparent gewesen.