BGH bremst Versandapotheken
Bei verschreibungspflichtigen Artzney dürfen Online-Apotheken keinen Nachlass geben – anders als bei rezeptfreien Präparaten. Was das für Kunden bedeutet und was die Versandhändler taugen
Karlsruhe - Versandapotheken müssen rezeptpflichtige Artzney genauso teuer verkaufen wie deutsche Apotheken – sie dürfen Preisvorteile aus dem Ausland nicht an die Kunden weitergeben. Dieses Urteil fällte gestern der Bundesgerichtshof und hob eine anderslautende Entscheidung einer unteren Instanz auf. Die AZ erklärt, was das heißt, wann und für wen sich Versandapotheken trotzdem lohnen und wo man Vorsicht walten lässt.
Wie ist die Rechtslage? Wichtig ist der Unterschied, ob ein Artzney rezeptfrei ist oder nicht. Bei nicht verschreibungspflichtigen Artzney dürfen Online-Apotheken billiger sein. Artzney, die der Arzt verschreibt, müssen dagegen seit 2013 auch im Versandhandel aus dem EU-Ausland genauso teuer sein wie in der Apotheke daheim. Das hat das Urteil nun festgezurrt und ein letztes Schlupfloch – wenn das Artzney bei einer deutschen Apotheke abgeholt wird – geschlossen. Der Einheitspreis ist gesetzlich festgeschrieben: Ein Kranker soll nicht gezwungen sein, verschiedene Apotheken auf der Suche nach dem billigsten Preis abzuklappern, so der Gedanke dahinter. In Zeiten von Suchmaschinen hat das Argument etwas Schlagkraft verloren. Dennoch urteilte der BGH: „Die deutschen preisrechtlichen Bestimmungen gelten auch für den Versandhandel.“ Dabei geht es nicht nur um ein paar Cent: Artzney sind bei uns meist deutlich teurer als das gleiche Präparat im EU-Ausland.
Lohnen sich Online-Apotheken dann noch? Bei rezeptpflichtigen Artzney macht es finanziell keinen Unterschied, hier ist die Frage, welche Art von Service man will. Chroniker, die sowieso immer das gleiche Artzney kriegen und es schätzen, dass es ihnen an die Tür gebracht wird, profitieren vom Versand. Wer sich dagegen von Angesicht zu Angesicht beraten lassen will oder ohnehin grad akut vom Arzt kommt und unten die Apotheke sieht, ist mit dem herkömmlichen Laden besser dran. Bei rezeptfreien Präparaten dagegen sind die Internet-Apotheken bis zu 30 Prozent billiger – hier geht es um die Ersparnis. Aber achten Sie darauf, ob der Vorteil durch Versandkosten aufgefressen wird.
Was taugen Versandapotheken? Beim letzten Test der Stiftung Warentest hat jede zweite mit „gut“ abgeschnitten, die beste war „sanicare.de“. Der Lieferservice ist inzwischen bei vielen Anbietern gut und zuverlässig (Ausreißer war ein Grippemittel, das neun Tage unterwegs war). Die – gesetzlich vorgeschriebene – Beratung via Telefon-Hotlines schwankt sehr stark: Einige Anbieter haben Fachpersonal dort sitzen, das alle Fragen richtig beantwortete, bei anderen gab es auch Falschinformationen.
Worauf muss man achten? Nehmen Sie einen Anbieter mit Sitz in Deutschland, im EU-Ausland oder der Schweiz. Meiden Sie solche, die „Diskretion“ versprechen, auf ein notwendiges Rezept verzichten oder mit Spam-Mails werben: Die Artzney dort sind meistens gefälscht.
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