Beschämende Wahl
Gaucks konservative Ansichten passen auch zur Union - Arno Makowsky, AZ-Chefredakteur, über die Wahl des Bundespräsidenten am Mittwoch
Am Mittwoch werden in Berlin 1244 Menschen zusammenkommen, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Leider geht es dabei nicht um die Frage, wer der drei Kandidaten die beste Wahl für Deutschland wäre. Es geht um Machtkalkül und um Parteipolitik – und vor allem darum, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel schwarzgelbe Regierungskoalition vorzeitig scheitert.
Von Anfang an war die Kür Christian Wulffs zum Kandidaten von Union und FDP vomGedanken geprägt, der CDU einen unkompliziertenMann zu präsentieren, einen, der nicht aneckt. Ursula von der Leyen wäre die interessantere Persönlichkeit gewesen, doch ihre progressive Politik gilt als unzumutbar für die Unions-Konservativen. Von Wulff hingegen sind als Präsident keine Eskapaden zu erwarten, die das Establishment verwirren würden – und außerdem ist ihn Merkel als parteiinternen Rivalen los.
Blöd nur für Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass seine Wahl gefährdet zu sein scheint. Eine Niederlage wäre das Ende der Koalition. Die ohnehin heillos zerstrittene schwarz-gelbe Chaostruppe würde sich gegenseitig zerfleischen.
Das also sind die Kriterien, nach denen das höchste Amt im Staat besetzt wird. Es ist beschämend. Dabei hätte die Union auch selbst darauf kommen können, Joachim Gauck aufs Schild zu heben. Er ist bei den Menschen beliebter als Wulff, seine Ansichten passen auch zur Union. Warum hat sichMerkel nicht vorher mit der Opposition auf ihn verständigt? Man fasst es einfach nicht. Politiker, die so agieren, brauchen sich über eine sinkende Wahlbeteiligung nicht zu wundern.