Berechtigte Qualitäts-Kritik oder "tendenziöse" Berichterstattung?
"Hohe Preise", "durchwachsener Service", "unzureichende Fairness": Nach dem ARD-Beitrag fühlt sich der Marktführer Tui unfair behandelt.
MÜNCHEN Schlampige Hotelzimmer, hohe Preise und Lohndumping sowie eine Dauerbaustelle am Pool: In dem ARD-Fernsehbeitrag „Tui-Check“ gab es am Montag erhebliche Qualitätsvorwürfe gegen Europas größten Reiseveranstalter Tui. Der wehrt sich jetzt, weist die Kritik zurück und spricht von „tendenziöser Berichterstattung“.
Der Check im Auftrag des WDR ging der Frage nach, wie gut der Marktführer Tui wirklich ist. Unterm Strich kamen die Autoren in den Testkategorien zu folgenden eher schlechten Ergebnissen. Die Qualität: „insgesamt ordentlich“. Der Service: „durchwachsen“. Die Preise: „zu hoch“. Fairness: „unzureichend“.
Damit kann Tui nicht zufrieden sein. Gestern meldete sich Mario Köpers, Leiter der Unternehmenskommunikation, zu Wort. Sein Fazit: „Auch wenn beim Markencheck immer auch nach negativen Aspekten gesucht wird, erwarte ich von einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender eine ausgewogene und faire Berichterstattung – und davon konnte keine Rede sein.“
Wie weit die Einschätzung von Tui und das Urteil der Fernseh-Autoren auseinander gehen, zeigt sich zum Beispiel bei der Kategorie „Fairness“, die mit „unzureichend“ bewertet wird: Die Reporter berichten von übermüdeten Busfahrern, die mit niedrigen Löhnen und hohen Arbeitszeiten zu kämpfen hätten. Tui hält dagegen: Die Vorwürfe ließen sich ad hoc nicht prüfen, jedoch würden die Fälle den ethischen Grundsätzen bei Tui widersprechen.
Beispiel „Qualität“: Die Autoren besuchten das RIU-Hotel auf Gran Canaria. Als Vergleich diente den Filmautoren ein benachbartes Hotel („ähnliche Lage, vergleichbare Preise“). Hoteltester Olaf Seidel vom TÜV Rheinland kam zum Ergebnis, dass der gesamte RIU-Wohnbereich abgewohnt sei. Zum gleichen Ergebnis kam eine Testfamilie, die zusätzlich die Zimmer als zu klein bewertete. Lob gab’s für den Pool, Kritik dagegen an der Bargestaltung: Der zehnjährige Sohn konnte sich dort selbst Bier zapfen. Das ARD-Check-Urteil: „insgesamt ordentlich.“
Die Tui äußert sich darüber „erstaunt“.Punkt eins: Das bessere Abschneiden des Vergleichs-Hotels könne nicht überraschen. Die Anlage sei „augenscheinlich neu“. Das RIU dagegen stehe kurz vor einer Komplettrenovierung – was die Check-Autoren gewusst hätten.
Insgesamt fühlt sich die Tui „hinters Licht geführt“. So erwähnt Tui-Sprecher Köpers ein Gespräch mit einem der Autoren: Der habe gesagt, beim Thema Qualität sei es gar nicht so einfach gewesen, etwas Negatives zu finden. Auf Nachfrage der AZ beim WDR ist zu erfahren: Der Autor habe sich nie so geäußert. Auch sonst fällt die Reaktion auf die Kritik des Unternehmens gelassen aus: „In der Mitteilung führt Tui keine Punkte auf, die unsere Rechercheergebnisse widerlegen“, sagt eine Sprecherin.
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