Behandeln – aber nur, wenn die Kasse stimmt
Eine Operation, die nicht lebensnotwendig ist? Eine Untersuchung, die auch um zwei Wochen verschoben werden kann? AOK-Patienten müssen sich darauf einstellen, dass sie in bestimmten Facharztpraxen abgewiesen werden.
MÜNCHEN Weil sie Angst um ihr Honorar haben, wollen die Ärzte AOK-Mitglieder nur gegen Vorkasse oder eine ausdrückliche Zahlungszusage der Kasse behandeln.
Mit dem Kostenvoranschlag zur AOK. „Notfälle werden natürlich wie immer behandelt“, versicherte Axel Munte, der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, der AZ. „Eine planbare Operation oder Behandlung wird auch ausgeführt, wenn die Vergütung gewährleistet ist.“ Was aber passiert, wenn der Arzt um sein Honorar fürchtet? „Dann wird der Patient zunächst mit einem Kostenvoranschlag zur Kasse geschickt.“ Dies dürfte besonders ab der Monatsmitte vorkommen. Erst dann hätten die Ärzte nämlich die genauen Daten über ihre künftige Vergütung, sagt Munte.
Fachärzte gegen Hausärzte. Worum geht’s? Im Zuge der Gesundheitsreform wurden die Karten bei der Honorarverteilung neu gemischt. Unter anderem Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Kinderärzte, Radiologen Augenärzte und Klinik-Belegärzte müssten Einbußen um bis zu 30 Prozent verkraften, berichtet Munte. Berlins wolle die niedergelassenen Fachärzte in die Kliniken drängen, argwöhnt er.
Die Fachärzte sind also sauer – und fühlen sich außerdem gegenüber den Hausärzten benachteiligt. Die AOK Bayern schloss nämlich mit den Hausärzten einen gesonderten Vertrag. Die Hausärzte hätten zugesichert, im Zweifelsfall lieber eine Krankheit zu diagnostizieren als es bei einem Verdacht zu belassen, sagt Munte. Dies sichere der AOK hohe Zuweisungen aus dem Risiko-Strukturausgleich der Krankenkassen. Einen Teil der Gelder leite sie an die Hausärzte weiter – so dass für die Fachärzte im Endeffekt weniger übrig bleibe.
AOK wehrt sich. Bayerns AOK-Chef Helmut Platzer will diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, spricht von „Desinformationspolitik“ Axel Muntes. Er rechnet vor, die bayerischen Ärzte bekämen 2009 sechs Prozent mehr Geld, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt seien es sogar sogar 15 Prozent mehr.
„Helmut Platzer schwindelt“, kontert Munte. Von wegen 15 Prozent: „Es gibt in Bayern doch auch 15 Prozent mehr Ärzte!“, sagt er – und was die Steigerung gegenüber 2008 angehe, betrage die gerade mal zwei bis drei Prozent. Speziell die Fachärzte würden zur Ader gelassen: Mancher Hals-Nasen-Ohren-Arzt bekomme pro Quartal, in dem er einen Patienten viermal in der Praxis habe, weniger als ein Hausarzt, der seinen Patienten überhaupt nicht sehe, sagt Munte.
Mediziner gegen die AOK, Fachärzte gegen Hausärzte – den Patienten dürfte am Ende nur der Ärger darüber bleiben, dass diese Konflikte fast zwangsläufig auf ihrem Rücken ausgetragen werden. sun
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