Bayern boomt - aber merken Sie auch was davon?
MÜNCHEN - Die Firmen brechen alle Rekorde: BMW fährt 2010 ein Rekordergebnis ein – und ist stärker als vor der Wirtschaftskrise. Auch den anderen Unternehmen geht’s blendend.
Krise? War da nicht was? Muss jedenfalls lange her sein. Denn Bayerns Firmen geht es im Moment gut – sehr gut sogar.
Gestern verkündete der Autobauer BMW seine Quartalszahlen – ein Rekordergebnis (siehe Kasten unten). Auch die anderen Unternehmen spüren: Es geht nach oben, in ganz Deutschland. Und ganz besonders in Bayern.
Das lässt sich nicht nur an den Quartalszahlen ablesen, die die Firmen in diesem Tagen veröffentlichen. Sondern auch in der Halbzeit-Bilanz des Dax: Nach zwei Seuchenjahren befinden sich die großen deutschen Konzerne wieder auf Erfolgskurs. Dass es nach der Wirtschafts- und Finanzkrise wieder aufwärts geht, damit war zu rechnen. Doch jetzt scheinen die Firmen so stark wie selten zu vor – und die Gewinne gehen durch die Decke. Allein die Umsätze der Dax-Konzerne legten im Schnitt um 21 Prozent zu. Die Ergebnisse nach Steuern der 14 Unternehmen explodierten regelrecht: 103 Prozent mehr als im Vorjahr.
An der Spitze der Zuwächse steht ein Münchner Unternehmen: BMW. Der Autobauer meldete am Mittwoch ein Plus von 36 Prozent. Die AZ stellt fünf bayerische Firmen vor, denen es wieder richtig gut geht.
Von dem Gewinn-Kuchen wollen jetzt die Arbeitnehmer ihren Teil (siehe unten): Die IG Metall fordert von BMW eine raschere Tariferhöhung. Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage sollte der Autobauer wie andere Firmen auch die vereinbarten Erhöhungen um zwei Monate auf den 1. Februar vorziehen. Dies wäre ein angemessenes Signal. Zugleich wurde der Betriebsrat beauftragt, mit BMW darüber zu verhandeln. Beim Thema Lohnerhöhungen halten sich die meisten Unternehmer allerdings noch bedeckt – obwohl der Druck wächst. Auch von Seiten der Politik.
Christoph Landsgesell
...merken Sie was?
Bis auf Ausnahmen ist bei den Arbeitnehmern vom Aufschwung noch nichts angekommen
„Es muss jetzt etwas passieren“, sagt Luise Klemens, Landesbezirksleiterin von Verdi in Bayern. Während die Unternehmen Kasse machen, merken die Arbeitnehmer vom Aufschwung kaum etwas. Obwohl die Angestellten in der Krise vor allem durch Kurzarbeit und verschobene Tariferhöhungen auf vieles verzichten mussten. Die Arbeitnehmer selbst hätten gerne mehr: Angesichts der boomenden Konjunktur halten laut einer „Stern“-Umfrage 81 Prozent eine eigene Gehaltserhöhung für gerechtfertigt.
Nur drei große Unternehmen sind laut IG-Metall-Sprecher Michael Knuth „positiv vorangeprescht“: Autobauer Audi aus Ingolstadt, der Kugellagerhersteller SKF mit Werk in Schweinfurt und der Autozulieferer Bosch. Diese Unternehmen zogen die für den April 2011 vorgesehene Tariferhöhung vor: Die dort Beschäftigten erhalten ab Februar 2,7 Prozent mehr. Knuth glaubt, dass in den nächsten Monaten andere Unternehmen nachziehen werden.
Der Großteil bleibt allerdings skeptisch. Bei BMW verweist Chef Norbert Reithofer auf Sonderzahlungen im Juli. Damals gab es im Schnitt 1060 Euro pro Mitarbeiter. Und da der Konzern 2009 – im Gegensatz zu vielen anderen Firmen – nicht davon Gebrauch machte, die Tariferhöhungen nach hinten zu verschieben, wolle man auch die Erhöhung pünktlich im April einführen, sagte BMW-Sprecher Michael Rebstock. Außerdem gebe es eine Aussicht auf Erfolgsbeteiligung.
Die Gewerkschaft macht angesichts der guten Zahlen des Autobauers Druck: „Was bei Bosch und Audi möglich ist, von Daimler angekündigt, sollte auch bei BMW machbar sein“, sagte der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler.
Nicht der einzige Punkt, der die Gewerkschafter besorgt. „Die Leiharbeit nimmt immer mehr zu“, sagt Klemens. „Stärker als noch vor der Krise.“ Leiharbeiter verdienen wesentlich weniger als Festangestellte – das spart den Firmen Kosten und beschert riesige Gewinne. „Das ist eine Schieflage in der Verteilung. Dieser Trend kann für die gesellschaftliche Entwicklung nicht gesund sein“, sagt Klemens.
Vereinzelt wird in Betrieben immer noch kurzgearbeitet. Zum Beispiel bei MAN. „Bis zur Jahreswende wird das wahrscheinlich so bleiben“, sagt MAN-Sprecher Dominique Nadelhofer.
cl