Banker an die Leine

Der G20-Gipfel beschließt schärfere Regeln für überzogene Boni und riskante Geschäfte – das Gesellenstück der neuen Weltregierung, die die alte G8-Runde damit zur Vergangenheit macht
von  Abendzeitung
Er küsst, sie guckt: US-Präsident Barack Obama begrüßt Kanzlerin Angela Merkel. Michelle Obama (von hinten) schaut zu. Foto: Reuters
Er küsst, sie guckt: US-Präsident Barack Obama begrüßt Kanzlerin Angela Merkel. Michelle Obama (von hinten) schaut zu. Foto: Reuters © az

Der G20-Gipfel beschließt schärfere Regeln für überzogene Boni und riskante Geschäfte – das Gesellenstück der neuen Weltregierung, die die alte G8-Runde damit zur Vergangenheit macht

PITTSBURGH Neue Spielregeln für die Weltwirtschaft: Der G20-Gipfel in Pittsburgh hat sich als Konsequenz aus der Krise auf unerwartet weitreichende, international gültige Maßnahmen geeinigt – ein entschlossener Auftakt des neuen Gremiums, das die alte G8-Dominanz ablösen soll.

Banker-Boni. Bankern rund um den Globus droht das Ende überzogener Verdienste. Vor allem die Europäer hatten darauf gedrungen: Erstens, weil die Krise auch durch falsche Anreize ausgelöst worden war – je riskanter das Geschäft, desto höher der potentielle Bonus. Zweitens, weil sich teils Manager von Banken, die mit Steuermilliarden gerettet werden mussten, unverdrossen exorbitante Zahlungen genehmigten. Hier soll nun mit konkreten Punkten gegengesteuert werden: Boni müssten an Gewinn oder Umsatz gekoppelt sein; bei Staatshilfe können sie nachträglich gekürzt werden; bei Verstößen in der Manager-Besoldung können Banken vom Staat gezwungen werden, zur Strafe mehr Eigenkapital vorhalten zu müssen. Angedacht ist auch, Boni stärker in langfristig laufenden Beteiligungen auszuzahlen, damit nicht nur auf den schnellen Gewinn geschielt wird.

Regeln für Banken. Auch hier zeichnete sich eine Einigung ab: Geldhäuser müssen künftig mehr Eigenkapital vorhalten. So sollen riskante Zocker-Geschäfte mit gepumpten Geld eingedämmt werden. Und: Die USA sind nun bereit, dem Basel-II-Abkommen mit seinen schärferen Banken-Regeln bis 2011 beizutreten.

Die Fronten. Anfangs hatten die USA und Großbritannien Widerstände erkennen lassen. Doch dann gaben die Amerikaner nach. „Es gibt einen starken Konsens für klare Regeln“, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner höchstselbst. „Wir brauchen einen sehr weitreichenden Katalog.“ Aus der deutschen Delegation hieß es dazu: „Viel besser, als wir erwartet haben.“

Die neue Weltregierung. Die G20-Runde hat sich fast aus dem Stand als eine Art neue Weltregierung oder Welt-Aufsichtsrat positioniert. Die Runde, in der auch Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien vertreten sind, löst ab sofort die Runde der acht mächtigsten Industrienationen (G8) ab, verkündete US-Präsident Barack Obama ganz offiziell.

Das deutsche Paar. Zwei Tage vor der Wahl traten Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) derart einträchtig auf, dass andere Gipfelteilnehmer sie „anstaunten wie seltene Tiere im Zoo“, hieß es in der deutschen Delegation. „Das geht wohl nur im beherrschten und rationalen Deutschland“, so ein Minister aus einem Mittelmeerland. „Ich darf ergänzen, was Bundeskanzlerin Angela Merkel eben schon richtig ausgeführt hat“, flötete der SPD-Mann. Und die CDU-Frau trug beim Gala-Abendessen sogar die Forderung nach einer Transaktions-Steuer vor – Teil des SPD-Wahlprogramms. Ausländische Beobachter nannten es mit Blick auf die Wahl schwer vorstellbar, dieses Duo inmitten der laufenden Krisenbewältigung zu trennen.

Der Zorn der Banker. Weltweit reagierten die Verbände alarmiert. Der Bundesverband deutscher Banken forderte Übergangsfristen von bis zu fünf Jahren. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, zugleich Chef des internationalen Bankenverbandes IIF, warnte, den europäischen Banken dürften nicht strengere Fesseln angelegt werden als den anderen. Und: Die Profitabilität des Finanzsektors werde sinken. tan

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