Bankenkrise, zweiter Akt

Den Auftakt macht die LBBW: Nach massiven Kreditausfällen streicht die Landesbank 2500 Jobs. Anderen Geldhäusern droht das Gleiche. Ruf nach Zwangs-Verstaatlichung weiterer Institute
STUTTGART Wen trifft der Jobabbau? Unter den Beschäftigten der baden-württembergischen LBBW geht die Angst um. Die Landesbank wird das laufende Geschäftsjahr voraussichtlich mit 1,8 Milliarden Euro Miesen abschließen. Mindestens 2500 von 13600 Arbeitsplätzen sollen weg. Ohne Kündigungen, heißt es, wird die Sparorgie wohl kaum über die Bühne gehen.
Und die LBBW wird kein Einzelfall bleiben: Die Bankenkrise ist für Deutschland noch lange nicht vorbei. Der Internationale Währungsfonds sieht schwarz für den Euroraum. Die Banken in Europa hätten erst 40 Prozent ihrer faulen Kredite und Wertpapierforderungen abgeschrieben, schreiben die Experten in ihrem günsten Stabilitäts-Bericht. Das hieße: Der deutschen Kreditwirtschaft stehen noch jede Menge ungute Überraschungen bevor.
Der zweite Akt der Bankenkrise steht unter einem neuen Vorzeichen, sagt Ökonom Martin Hüfner von der Vermögensverwaltung Assénagon. „Die toxischen Papiere, die aus den amerikanischen Subprime-kreidten stammen, spielen keine so große Rolle mehr.“ Die wirklichen Probleme der Banken lägen jetzt woanders: im Firmen-Kreditgeschäft und bei Anleihen und Krediten an Schwellenländer vor allem in Osteuropa. Dort sind unter anderem die Hypovereinsbank-Mutter Unicredit und die BayernLB tätig.
„An sich sind konjunkturelle Belastungen im Kreditgeschäft nicht ungewöhnlich“, räumt Hüfner ein. „Das Problem ist, dass die Ausfälle diesmal größer sind und dass die Banken ihre Reserven in den letzten beiden Jahren verloren haben.“
Es bleibt nur noch die Verstaatlichung
Ralf Flierl vom Anlegermagazin „Smart Investor“ erwartet so große Probleme für die deutschen Geldhäuser, „dass nur noch die Verstaatlichung des Bankensektors helfen wird“. Zwar hätten einige Institute in den letzten Monaten wieder Gewinne ausgewiesen, doch „hat das nicht viel zu sagen. Die Substanz fehlt“. Jetzt räche sich, dass sich Berlin anders als die amerikanische Regierung mit Zwangs-Hilfen für die Kreditwirtschaft zurückgehalten habe.
Das Eigenkapital – also das Geld, das von den Eigentümern oder aus erwirtschaftetem Gewinn stammt und im Unternehmen verblieben ist – sei bei den einheimischen Geldhäusern im Verhältnis zur Bilanzsumme viel zu gering, sagt Fliers. „Eine Eigenkapitalquote von 1,6 Prozent bei der Deutschen Bank – das ist doch praktisch nichts.“
Dermaßen schwach auf der Brust könnten die Banken kaum die Belastungen eines heißen Pleiten-Herbstes abwettern. Und eine steigende Zahl von Insolvenzen – das ist nach Ansicht von Ökonom Martin Hüfner und anderem Experten so gut wie sicher. Der Grund: Zum Ende eines Konjunkturzyklus geht vielen Firmen, die bis dahin noch von Rücklagen gelebt haben, das Geld aus – ein Umstand, der bereits der LBBW zu schaffen macht. Die Landesbank verzeichnet immer mehr Kreditnehmer, die ihre Raten nicht mehr zahlen können. Von Januar bis Ende Juni musste sie ihre Risikovorsorge für faule Kredite um 717 Millionen Euro auf 740 Millionen Euro erhöhen. Den anderen Banken droht das Gleiche.
Die Krise nährt die Krise: Weil sie weitere Ausfälle fürchten, werden die Banken noch mehr als bisher mit Krediten geizen. Das wird die Wirtschaft weiter belasten, fürchten Experten – und zu noch mehr Pleiten führen. sun