Bald Kurzarbeit bei BMW?

Die Krise der Automobil-Industrie bringt düstere Aussichten für 2009. Bei BMW sind nach den Leiharbeitsjobs auch reguläre Stellen in Gefahr. Finanzvorstand fordert Hilfen für Zulieferer
Eine unglückliche Modellpolitik, Einbrüche bei den Motorrad-Verkäufen. Die Autoindustrie boomt, doch der BMW-Vorstand muss eingestehen, dass der Konzern „wegen Fehlens eines tragfähigen Fertigungsprogramms“ vom Aufschwung nicht profitiert. Die Beschäftigten baden es aus: Zuerst meldet BMW Kurzarbeit an, kurz darauf werden Werker entlassen. Da war nur eine unrühmliche Episode aus der frühen BMW-Geschichte. Der Konzern, Ende der 50er Jahre ein Sanierungsfall, wurde bekanntlich gerettet. Spätestens seit dem Rover-Debakel schien BMW immun gegen Krisen, bot seinen Beschäftigten traumhafte Löhne und Arbeitsbedingungen. Aber wie lange noch?
Seit Freitag ruht die Arbeit im Stammwerk München. „Für das neue Jahr können wir weder Kurzarbeit noch einen weiteren Stellenabbau ausschließen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Der Absturz der Autoindustrie vor allem in den USA übertrifft alles, was sich die Konzernplaner noch vor einem Jahr in ihren ärgsten Träumen ausmalen wollten. Der Gelsenkirchener Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer spricht von der „schlimmsten Krise der Branche seit dem Zweiten Weltkrieg“, die mindestens bis 2010 dauern werde. Er kann sich nicht vorstellen, dass es BMW ohne Kurzarbeit schaffen wird. Und er sieht nach den Zeitarbeits-Jobs auch reguläre BMW-Stellen in Gefahr.
Der Betriebsrat will von Kurzarbeit nichts hören
Ein Szenario, dem in den Werken nicht so recht Glauben geschenkt wird. Noch ist die Krise für viele Beschäftigte eine theoretische Größe, allemal in Amerika real spürbar. Schließlich dürfte BMW für 2008 immer noch einen Gewinn von 1,5 bis zwei Milliarden Euro anpeilen, auch wenn keine Prognosen mehr herausgegeben werden. Habe BMW in den vergangenen Jahrzehnten die Produktion nicht immer mal wieder heruntergefahren, fragt BMW-Betriebsrats-Vize Hans Haumer – nur um danach umso mehr Autos zu bauen? Die 2009er Schichtpläne fürs Münchner Werk stünden bereits, berichtet Haumer. „Ich kann definitiv versichern, dass wir keine Kurzarbeit erwägen.“
Am Betriebsrat käme der Konzern nicht vorbei, wenn er die Produktion auf Kosten des Arbeitsamtes einschränken wollte. Mit den Arbeitnehmervertretern wurde aber offensichtlich – noch – nicht geredet. „Vollkommener Käse“, kommentiert denn auch der Regensburger Betriebsrat Herbert Deinzer Berichte über eine drohende Kurzarbeit. Die flexiblen Arbeitszeitmodelle bei BMW, argumentieren die Arbeitnehmervertreter, könnten Nachfrage-Dellen bestens abfedern.
Autoexperte Dudenhöffer macht eine andere Rechnung auf. „Die Arbeitszeitkonten kann BMW nicht unendlich ins Minus laufen lassen“, sagt er. „Die sind nach drei, vier Monaten leer.“ Noch schwärzer sieht Dudenhöffer für das BMW-Händlernetz: Dort werde die Krise „sehr brutal“ finanzschwache Betriebe aussortieren.
Am kritischsten sei die Lage bei den Zulieferern, die immerhin für drei Viertel eines jeden neuen Autos einstehen. Der brutale Margendruck hat die Zulieferer in der Vergangenheit daran gehindert, Finanzpolster aufzubauen. Umso bedrohter sind die Firmen jetzt – mit fatalen Folgen für die Autokonzerne: Geht ein wichtiger Zulieferer unter dem Druck der Krise in die Knie und produziert keine Teile, stehen in den Werken der Hersteller die Bänder still. Schon fordert BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner deswegen einen staatlichen Rettungsschirm für die Zulieferer. „In einer so schwierigen Krisensituation muss der Staat einspringen“, sagte er „Focus“.
Susanne Stephan