AZ-Service: Zahlenzauber bei der Versicherung

Die Standmitteilungen der Lebensversicherungen verwirren deren Kunden mehr, als dass sie sie informieren. Wer die wahre Rendite wissen will, findet Rat beim Experten oder im Internet
von  Abendzeitung
Bei den Standmitteilungen der Assekuranzen bleickt kaum ein Versicherter noch durch.
Bei den Standmitteilungen der Assekuranzen bleickt kaum ein Versicherter noch durch. © dpa

MÜNCHEN - Die Standmitteilungen der Lebensversicherungen verwirren deren Kunden mehr, als dass sie sie informieren. Wer die wahre Rendite wissen will, findet Rat beim Experten oder im Internet

AZ-Leserin Sabine S. hat Grund zur Freude – das schreibt ihr jedenfalls ihre Lebensversicherung. „Im dritten Jahr hintereinander verzinst sich Ihr Guthaben mit 4,8 Prozent“. Ein Spitzenwert, denkt sich die 48-Jährige. Erreichen doch die anderen Anbieter viel niedrigere Renditen. Aber ein ungutes Gefühl bleibt. Wirklich verständlich ist das Schreiben der Versicherung nämlich nicht.

Jetzt flattern sie wieder ins Haus: Die Standmitteilungen der Assekuranzen, die die Kunden darüber informieren (sollen), was mit ihrem Geld passiert. In den meisten Fällen werden sie umgehend abgeheftet. Kaum ein Versicherungskunde blickt in dem Zahlensalat wirklich durch.

Dabei geht es um viel Geld. Wichtig ist für den Kunden vor allem das Garantiekapital und die bisher erreichte garantierte Leistung aus der Überschussbeteiligung. Diese Summen werden an die Hinterbliebenen gezahlt, wenn der Versicherungsnehmer stirbt, und sie geben Aufschluss über die Rendite. Wichtig wäre für die Verbraucher auch zu erfahren, wie gut die Versicherung mit ihrem Geld wirtschaftet – ob ihre Beiträge also angemessene Zinsen abwerfen, oder ob sie zu einem großen Teil nur den Verwaltungs- und Vertriebsapparat der Versicherung finanzieren.

Im Fall von AZ-Leserin Sabine S. erweist sich die Spitzenrendite von 4,8 Prozent als Mogelnummer, wenn diese Kosten plus die Kosten für die Berufsunfähigkeitsversicherung, die in ihrer Police enthalten ist, abgezogen werden. Ein unbedarfter Laie kann das nicht – Hajo Köster vom Bund der Versicherten macht’s mit ein paar Mausklicks am Computer vor: Auf dem Schirm erscheint ein Zinssatz von 2,65 Prozent – weit weniger spektakulär als die 4,8 Prozent, die die Versicherung stolz für sich reklamiert.

„Wir fordern seit langem, dass die Versicherungen in den Standmitteilungen auflisten, wie sie den Sparbeitrag des Kunden verwenden“, sagt Köster. Sowohl die Kosten für den Risikoschutz – also für die Gelder, die die Assekuranz auszahlt, wenn der Kunde vorzeitig stirbt – als auch die für Verwaltung und Vertrieb sollten beziffert werden. Bisher sind die Gesellschaften nur bei staatlich geförderten Verträgen verpflichtet, diese Kosten zu nennen.

Die Stiftung Warentest hat zudem in der Vergangenheit zahlreiche hahnebüchene Fehler in den Mitteilungen moniert. So konnten Kunden der Nürnberger Versicherung unter „erwirtschaftete Erträge“ ansehnliche Beträge lesen – allerdings waren dort einfach die Einzahlungen minus die Kosten aufgelistet. Mit erwirtschafteter Rendite hatte der Posten nichts zu tun. Werbe-Floskeln und Schachtelsätze mit versicherungstechnischen Fachbegriffen verwirrten die Kunden zudem. Dazu kamen unlogische und oft lückenhafte Berechnungen über das eingezahlte Geld und die Wertentwicklung.

Oft fehlten auch wichtige Angaben wie die garantierte Auszahlung, falls die Police irgendwann beitragsfrei gestellt wird. Diese Information ist aber für Kunden, die ihre Versicherung nicht mehr zahlen können, weil sie beispielsweise arbeitslos werden, unverzichtbar. sun

So hoch ist der tatsächliche Sparanteil in Euro und Cent

Wer herausfinden will, wie hoch sich seine Beiträge wirklich verzinsen, braucht einen Internetanschluss. So geht’s: www.zinsen-berechnen. de anklicken, dort in der Leiste am linken Bildrand den „Sparrechner“ wählen. In der dann erscheinenden Maske das Anfangskapital auf Null setzen, unter „Sparrate“ die Beiträge eintragen, den Zinssatz auf Null setzen, unter „Ansparzeit“ die Laufzeit der Police eintragen. Rechts „Zinssatz berechnen“ anklicken, dann unter „Endkapital“ die von der Versicherung in Aussicht gestellte Auszahlung eintragen.

Dann auf „berechnen“ klicken – es erscheint die tatsächliche Rendite. Wer jetzt noch wissen will, wie hoch sein Sparanteil in Euro und Cent ist (und wieviel Geld für Verwaltung, Risikoschutz und Vertrieb draufgehen), bemüht die Eingabemaske noch einmal, gibt aber den von der Versicherung aufgeführten Zinssatz ein, setzt die Sparrate auf Null und klickt rechts auf „Sparrate berechnen“. Der Betrag, der als Sparrate erscheint, wird tatsächlich zum Vermögensaufbau verwendet.

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