AZ-Meinung: Verantwortung
Die AZ-Redakteurin Annette Zoch über Auslöser des Aufstands in Ägypten
Der Aufstand von Ägypten zeigt nicht nur den Zorn eines unterdrückten Volks. Er entlarvt auch die Doppelzüngigkeit des Westens. Der US-Präsident zögert und zaudert, den Diktator in Kairo zum Rücktritt zu zwingen. Genauso der Bundesaußenminister, der Husni Mubarak erst im vergangenen Jahr einen „Stabilitätsanker“ genannt hat.
Die westlichen Industrienationen definieren „Stabilität“ eben so, wie es ihnen passt. Stabil ist gleich Ruhe nach außen. Dafür hat Mubarak gesorgt. Dass im Inneren Terror und Gewalt herrschten, hat uns nicht gekümmert – Hauptsache, unsere Sicherheitsinteressen sind gesichert und Hauptsache, der Sprit wird nicht teurer. Wundert sich da noch jemand, dass viele Araber den Westen unglaubwürdig nennen?
Aber unsere Verantwortung geht noch viel weiter: Warum tun wir zum Beispiel nichts gegen die Spekulation auf Lebensmittelknappheit an den Finanzmärkten? Explodierende Lebensmittelpreise waren in Tunesien ein Auslöser für den Aufstand, genauso in Algerien und Ägypten. Lebensmittel-Spekulation ist ein Geschäft mit Hunger und Elend. Mit der Not ganzer Völker werden Millionen gescheffelt. Viele afrikanische Staaten müssen den Großteil ihrer Nahrungsmittel inzwischen auf dem Weltmarkt einkaufen – weil sie selbst kaum noch etwas anbauen können. Weil ihr Land wegen des Klimawandels immer trockener wird. Auch dieser wird vom Westen verursacht. Wir haben die Verantwortung.
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