Autobosse machen Kotau vor chinesischem Kunden

Der Chef des Autokonzerns auf Bitt- und Bußgang in China: Tiefe Bücklinge und demütige Gesten, um das Publikum gewogen zu stimmen, trotz der vielen Berichte über Qualitätsmängel in den Autos
von  Rudolf Huber

Der Chef des Autokonzerns auf Bitt- und Bußgang in China: Tiefe Bücklinge und demütige Gesten, um das Publikum gewogen zu stimmen, trotz der vielen Berichte über Qualitätsmängel in den Autos

SHANGHAI Unglaublich, wie schnell sich die Dinge in China ändern. Wie fix ein guter Ruf angekratzt sein kann. Und wie tief sich deutsche Spitzenmanager verbeugen können. Die AZ hat sich das auf der Shanghai Auto 2013 angeschaut.

Kampagne wegen angeblicher Qualitätsmängel. VW ist seit drei Jahrzehnten in China als Joint-venture-Partner und Milliarden-Investor aktiv (s. Kasten). Um so heftiger der Schock, als vor Kurzem in einer offenbar staatlich gelenkten Aktion wegen angeblicher Probleme mit dem Doppelkupplungsgetriebe DSG plötzlich landesweit auf den Musterknaben eingeprügelt wurde. Die Botschaft kam an bei VW. Die Verantwortlichen im Lande und bis rauf zu Konzernchef Martin Winterkorn starteten eine Wiedergutmachungs-Kampagne.

Lang Lang und Keanu Reeves marschieren auf. Eine „freiwillige“ Rückrufaktion wurde eingeleitet, für die China-Statthalter Jochem Heizmann persönlich verantwortlich ist. Alleroberste Priorität habe das, erklärte er beim mit den Weltstars Lang Lang und Keanu Reeves glamourös besetzten Konzernabend und auf der Messe. Er nehme die Sache sehr, sehr ernst.

Der Konzernboss demonstriert tiefe Demut. Auch Winterkorn erklärte gleich mehrfach, dass „nichts wichtiger“ sei als Sicherheit und Wohl der chinesischen Kunden. Beobachter der öffentlichen Bekenntnisse waren widersprüchlich berührt ob der tiefen Demut Winterkorns und Heizmanns. Bis kurz vor die Selbstverleugnung reichten die tiefen Bücklinge. Soll man millionenschwere Manager angesichts solcher Demuts-Gesten bewundern – oder ist Fremdschämen angesagt?

Eine Riesenkröte, doch es hilft alles nichts. VW-Mitarbeiter erklärten hinter vorgehaltener Hand, dass das Schlucken dieser Riesenkröte alternativlos war. Es ging um sehr viel mehr als ein paar Getriebe. Der Ruf von VW stand auf dem Spiel. Es galt, das kollektive chinesische Gemüt zu beruhigen. Zuletzt war in China immer öfter kritisch über die mit 14 Prozent Marktanteil dominierende Marke berichtet worden. Die Regierung sähe die Anteile lieber zugunsten chinesischer Hersteller verschoben, subjektiv nehmen die Chinesen den Auftritt der Weltmarke als arrogant wahr.

Doch die Entschuldigungs-Aktion scheint gut angekommen zu sein. Für die Statements gab es mehr als nur höflichen Applaus. Und wenn man die handgreifliche Begeisterung am neuen CrossBlue Coupé korrekt deutet, geht es mit VW weiter aufwärts: In kürzester Zeit wurde am Schaustück ein Scharnier der Heckklappe zerstört. Fortan war es nur noch hinter einer Absperrung zu bewundern. 

 

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