Auf die Finger klopfen
Die Wirtschaftsredakteurin der AZ Susanne Stephan zu staatlichen Banken-Testkunden.
Bravo, möchte man zum jüngsten Vorstoß von Verbraucherministerin Ilse Aigner sagen, die anonyme Testkunden in die Banken schicken will, um zu kontrollieren, wie gut und unabhängig Sparer bei der Geldanlage wirklich beraten werden. Endlich ein ernsthafter Versuch, der Finanzbranche auf die Finger zu klopfen, nachdem das obligatorische Beratungsprotokoll zur bürokratischen Lachnummer verkommen ist.
Immer noch verkaufen Banken mehr, als sie beraten, kümmern sich nicht um die Lebenssituation ihrer Kunden, setzen ihre Angestellten in den Filialen mit unrealistischen Zielvorgaben unter Druck – da sollte Berlin tätig werden. Zwei wichtige Fragen lässt die Aigner-Initiative aber offen. Die erste: Was will Aigner tun, wenn die Banken im Urteil der verdeckten Ermittler miserabel abschneiden? Will sie dann eine Dauer-Einsatztruppe schaffen, die – ähnlich der Gewerbeaufsicht, die Restaurants und Kneipen kontrolliert – immer wieder in Bankfilialen aufschlägt?
Die zweite Frage: Wenn von den Banken verlangt wird, dass sie ihre Kunden objektiv beraten, muss ihnen zugestanden werden, für diese Beratung Geld zu nehmen. Zu verlangen, die Kreditbranche möge den Sparern Know-How selbstlos und unentgeltlich zur Verfügung stellen, ist unrealistisch – diese Wohltaten gibt es in anderen Branchen auch nicht. Eine unabhängige Beratung gegen Honorar setzt aber ein Umdenken bei den Kunden voraus. Sie sollten sich darüber klar werden, wieviel ihnen ihre Geldanlage wirklich wert ist.