Angst vor einem Kollaps Griechenlands
Athen - Harte Zeiten für die Besitzer von Griechenland-Anleihen: Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission nehmen seit Montag die Bücher des Landes unter die Lupe. Offiziell heißt es, das Land werde seine Schulden vollständig zurückzahlen. Doch immer mehr Fachleute erwarten, dass die Gläubiger auf einen Teil ihres Geldes verzichten werden müssen.
Zwangsumtausch von Anleihen? Nur wenn IWF, EZB und die EU-Kommission grünes Licht geben, kann Athen mit der fünften Tranche der Finanzspritzen rechnen. Bis Mitte Juni erwarten die Griechen 8,7 Milliarden Euro von der EU und 3,3 Milliarden vom IWF. Die Europäer und der IWF hatten für Athen ein Hilfspaket von insgesamt 110 Milliarden Euro geschnürt.
Der „Spiegel” berichtet währenddessen, die griechische Regierung werde von den internationalen Organisationen zu einer Umschuldung gedrängt. Bei einem solchen Schritt könnten theoretisch kurzlaufende Anleihen gegen den Willen der Gläubiger in länger laufende Papiere umgetauscht werden. Die Investoren müssten dann länger warten, bis sie ihr Geld zurückbekommen. Griechenland könnte die aktuellen Anleihen auch gegen neue Festverzinsliche umtauschen, deren Wert nur der Hälfte oder 30 Prozent des investierten Betrages entspricht – eine Umschuldung nach diesem Muster machte Argentinien bereits vor.
Angst vor neuer Zocker-Runde. Gerüchte über bevorstehende Zahlungsausfälle dürften Griechenland an den Kapitalmärkten erneut unter Druck bringen. Der Grund: Eine bevorstehende Umschuldung würde Griechenland zwar kurzfristig Luft verschaffen, jedoch wäre das Land auf Jahre hinaus als unsicherer Schuldner gebrandmarkt und müsste künftig dicke Risikoaufschläge zahlen, sobald es sich erneut Geld von Investoren borgen möchte. Eine Teil-Pleite eines europäischen Landes könnte außerdem den Euro unter Druck setzen – und sie könnte Spekulanten dazu verführen, auf eine Insolvenz von Spanien oder Portugal zu wetten.
Auch die HRE hängt mit drin. Damit würde unter anderem die europäische Bankenbranche getroffen. Deutsche und französische Institute haben insgesamt 87 Milliarden Euro an Griechenland verliehen, berichtete das „Wall Street Journal”. Schuldner in Portugal, Irland und Spanien stehen bei den Geldhäusern mit weiteren 900 Milliarden Dollar in der Kreide.
Unter den deutschen Gläubiger-Banken ist die Commerzbank-Tochter Eurohypo. Die Deutsche Pfandbriefbank, dieaus der Hypo Real Estate hervorgegangen ist, hat laut ihren Zahlen von 2008 rund 21 Milliarden Euro an Spanien und zehn Milliarden Euro an Griechenland verliehen.
Die Bevölkerung leidet. Eigentlich hat sich Griechenland zu einem strikten Sparkurs verpflichtet, macht aber neue Schulden. Nach Schätzungen der griechischen Finanzpresse müssen bis 2015 rund 25 Milliarden Euro gespart oder „irgendwie gefunden” werden. Allein dieses Jahr müssen mehr als vier Milliarden Euro gespart werden.
Die Sparmaßnahmen haben bisher schon zu Lohn- und Gehälterkürzungen in Höhe von bis zu 25 Prozent geführt. Der Konsum fällt dramatisch. Bis zu 40 Prozent weniger Umsatz sollen viele Händler haben. Die Arbeitslosigkeit steigt und erreicht zurzeit knapp 15 Prozent. Im Zentrum Athens ist fast jedes dritte Geschäft geschlossen.