Angst vor dem Steuerfahnder: »Die Nerven liegen blank«

Bei den Reichen in und um München geht die große Angst um. Etliche Münchner Anwälte bearbeiten inzwischen Selbstanzeigen. Ihre neuen Mandanten haben Angst vor den Steuerfahndern.
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Noble Anwaltskanzleien wie Roxin haben derzeit alle Hände voll zu tun. Viele Steuersünder benötigen profesionelle Hilfe bei Selbstanzeigen. GF
az Noble Anwaltskanzleien wie Roxin haben derzeit alle Hände voll zu tun. Viele Steuersünder benötigen profesionelle Hilfe bei Selbstanzeigen. GF

Bei den Reichen in und um München geht die große Angst um. Etliche Münchner Anwälte bearbeiten inzwischen Selbstanzeigen. Ihre neuen Mandanten haben Angst vor den Steuerfahndern.

MÜNCHEN Bei den Reichen in und um München geht die große Angst um. Die Angst, in Kürze könnten die Steuerfahnder an ihrer Türe klingeln. Das beschert zahlreichen Anwaltskanzleien neue Mandaten, die professionelle Hilfe bei einer steuerlichen Selbstanzeige benötigen.

„Jetzt liegen die Nerven blank“, so ein Münchner Anwalt, der mehrere Fälle von Selbstanzeigen bearbeitet, zur AZ. „Denen brennen die Füße“, bestätigt auch Klaus Höchstetter, Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht. „Man muss fast sprichwörtlich schneller sein, als die Polizei erlaubt.“ Auch er bearbeitet aktuelle Selbstanzeigen.

Steuerfachanwalt Franz Bielefeld saß zu Wochenbeginn mit zwei Kollegen 15 Stunden bis nachts um Drei an einer aktuellen Selbstanzeige. „Da muss sehr schnell und treffsicher gehandelt werden. Der Mandant hat nur einen Schuss, der muss sitzen“, so Bielefeld. Nur beim Finanzamt anzurufen und sich selber anzuzeigen, sei nicht genug. „Es ist besser, ein professionelles Schreiben in der Hand zu halten, wenn der Staatsanwalt klingelt. Nur dann hat man eine gute Chance, eine Durchsuchung abzuwenden.“

Sobald die Selbstanzeige bei der Behörde eingegangen ist, wird der Fall an die Straf- und Bußgeldstelle des Finnzamtes weitergeleitet. „Die eröffnet ein Ermittlungsverfahren und prüft, ob die Steuer vollständig deklariert worden ist“, so Klaus Höchstetter. „Nur wenn alles deklariert wurde, bevor das Finanzamt Kenntnis davon hatte, gibt es die Straffreiheit.“ Zudem muss der Finanzbeamte die neue Steuerhöhe durch die Angaben ohne Mühe errechnen können.

Ist die Tat einmal entdeckt, ist es für den Steuersünder zu spät. „Die Daten auf der CD der Staatsanwälte sind zwar alleine kein Beweismittel“, so Erwin Glaab, Steuerberater und Fachwanwalt für Steuerrecht bei der Kanzlei Glaab&Rieg. „Aber es besteht ein Anfangsverdacht. Wenn außer diesen Daten keine Beweismittel gefunden werden, muss man nicht zwingend Selbstanzeige erstatten – auch wenn selbstverständlich Kapitalerträge versteuert werden müssen und eine Selbstanzeige grundsätzlich sinnvoll ist.“

Eine Selbstanzeige birgt allerdings auch erhebliche Risiken, weiß Alexander Schemmel, Steuerrechtsanwalt der Kanzlei Roxin. „Wenn nicht vollständig erklärt wird, welche Einkünfte nicht voll versteuert wurden, läuft man Gefahr, dass die Anzeige doch nicht strafbefreiend wirkt. Dann hat man sich die Finanzbeamten ins Haus geholt und die finden möglicherweise noch schlimmere Sachen raus.“ Und: Die Selbstanzeige kann kostspielig werden. Der Steuersünder muss die Steuerschuld innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist nachzahlen können. Das sind in der Regel nur wenige Wochen. Laut Gesetz kann das Finanzamt die Steuerschuld plus sechs Prozent Hinterziehungszins pro Jahr zurückverlangen. Bis zu 50 Prozent des in Liechtenstein angelegten Geldes können futschsein.

Eine Verurteilung wäre womöglich noch teurer. Bei hinterzogener Steuer unter 50000 Euro wird das Strafverfahren zwar meist gegen eine Geldauflage eingestellt. Bis 200000 Euro Steuerschuld werden aber bereits 90 Tagessätze fällig. Und das zieht Vorbestrafung und berufsrechtliche Folgen nach sich. Bei Hinterziehung von mehr als 200000 Euro gibt es einen Strafprozess. Geht der Betrag an die Millionengrenze oder darüber, wie bei Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel, muss der Steuersünder für bis zu zwei Jahre ins Gefängnis, in schweren Fällen für maximal zehn Jahre. H.Sieger

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