Angst vor dem Crash: "Die Leute heben Geld ab"

MÜNCHEN - Die Finanzkrise hat auch Deutschland voll erfasst. Weltweit sind die Börsenkurse im Sturzflug. Immer mehr Sparer machen sich Sorgen um ihr Geld. Und auch ein Gang durch Münchner Bankfilialen zeigt: Manche Kunden verlieren das Vertrauen.
Der Angestellte der Sicherheitsfirma, der am Eingang der Deutschen Bank am Marienplatz steht, überblickt nicht nur das Gewusel in der Filiale. Seine Firma macht Sicherheitslogistik für Filialen mehrerer Banken in München, und er sagt: „Es wird vermehrt abgehoben. Das ist in allen Filialen so.“ Und bekräftigt: „Die Leute heben große Mengen Geld ab.“
Auch er selbst ist besorgt. Er überlege, ob er sein Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Anspruch nehmen soll. Neben ihm eilt eine Frau heraus. „Das war doch zu erwarten. Und wir müssen’s büßen“, kommentiert sie die Finanzkrise.
"Eine Kettenreaktion"
Hundert Meter schräg gegenüber kommt Norbert Vlerick aus der Sparkasse am Isartor. Drinnen hat er sich nach der Sicherheit seiner Ersparnisse erkundigt. Ganz überzeugt von den Informationen der Angestellten ist er nicht: „Das ist doch eine Kettenreaktion. Nur wenn jeder sein Geld auf der Bank lassen würde,wär das Geld vielleicht sicher.“ Auch Vlerick überlegt, ob er Gelder abziehen soll. „Ich stecke da echt in einer Zwickmühle.“ An die Versicherungen von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück glaubt er nicht: „So große Summen können nicht abgedeckt werden.“
Drei Anzugträger, vermutlich Geschäftsleute in der Mittagspause, eilen zum Viktualienmarkt und unterhalten sich lautstark über „die Knallköpfe“ bei der HRE, die von den Banken „mal eben 50 Prozent mehr fordern“. Die Hypo Real Estate hält Peter Geißler „nur für die Spitze des Eisbergs“. Der Technische Angestellte tritt aus der HypoVereinsbank- Filiale in der Sendlinger Straße. Das Vertrauen in seine Bank habe er verloren. „Der Normalbürger kann die Dimensionen gar nicht mehr erfassen – 1000 Milliarden Euro Staatsgarantie, wer soll sich das vorstellen?“ fragt Geißler kopfschüttelnd.
Auch Edith Eiden ist Kundin der HVB. „Ich gebe jetzt erhöht Obacht, lese jeden Tag den Wirtschaftsteil und verfolge die Börsenkurse“, sagt die 60-Jährige. Sie ist der Überzeugung, „dass wir auf unser Geld selbst aufpassen müssen. Wir dürfen uns nicht auf Berater verlassen“. Ihr Geld will Eiden aber auf der Bank lassen, auch kein Anlagen verkaufen. Sie ist sicher: „Panikverkäufe haben noch nie was gebracht.“
Mit der Staatsgarantie für alle Sparguthaben wollte Finanzminister Steinbrück vermeiden, dass Bankkunden kurzfristig Guthaben abheben „und unter die Matratze“ legen. Ob diese Vertrauensmaßnahme greift? „Blüm hat auch gesagt, die Rente sei sicher. Jetzt sollen wir das glauben“, sagte eine Kundin der Deutschen Bank, die ihren Namen nicht nennen will.
"Sicher bei der Sparkasse"
Viele Kunden geben sich aber auch unbesorgt – wie Gerhard Eisert. „Ich glaube, mein weniges Geld ist bei der Sparkasse sicher. Und wenn was schiefgeht, zahlt dort bestimmt noch der Direktor.“
Elena Panagiotidis