Angst um den Euro: Griechen müssen zu Kreuze kriechen

Die EU-Kommission stellt den griechischen Haushalt unter ihre Kontrolle. So will sie den Euro vor einem weiteren Kurssturz schützen – und die Währungsunion vor dem Kollaps bewahren
von  Abendzeitung
Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet
Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet © dpa

BRÜSSEL/ATHEN - Die EU-Kommission stellt den griechischen Haushalt unter ihre Kontrolle. So will sie den Euro vor einem weiteren Kurssturz schützen – und die Währungsunion vor dem Kollaps bewahren

Es ist, als befände sich das Land im Krieg: „Ich fordere Sie auf zu kämpfen, wie wir es in anderen Zeiten auch für Haus und Familie tun würden.“ Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou wählte drastische Worte bei der Fernsehansprache an seine Landsleute.

Er sprach dabei aber nicht vom Kriegsfall. Sein Thema war der Schuldenberg, der das Land an den Rand des Bankrotts gebracht hat. Und vom „Schock-Sparprogramm“ mit dem Papandreou Griechenland aus der Krise holen will.

Er wird das unter strenger Aufsicht der Europäischen Union tun müssen. Die EU stellte den griechischen Haushalt gestern unter ihre Kontrolle. Künftig will EU-Währungskommissar Joaquín Almunia die Griechen beim Sparen und Geldausgeben „genau beobachten“. Denn er fürchtet: Griechenlands Tragödie könnte das gesamte Euro-System ins Wanken bringen.

Wie groß sind Griechenlands Probleme? Riesig. Das Land hat einen Schuldenberg von 300 Milliarden Euro aufgehäuft. Das Staatsdefizit liegt bei fast 13 Prozent. Erlaubt sind nach dem EU-Vertrag nur drei Prozent. „Fast noch schlimmer ist aber das Glaubwürdigkeitsproblem, das Griechenland hat“, so Andreas Rees zur AZ, Chefvolkswirt bei Unicredit. Zu oft schon haben die Griechen falsche Zahlen über ihre tatsächliche Haushaltslage geliefert. „Das macht die Investoren sehr nervös“, sagt Rees. Die Folge: Sie ziehen ihr Geld ab.

Was bedeutet das für den Euro? Er leidet massiv unter dem Griechenland-Debakel. Seit Dezember hat die Währung mehr als zehn Cent gegenüber dem Dollar verloren (siehe Grafik). Die Anleger fürchten, dass noch andere EU-Länder wie Spanien oder Portugal Probleme bekommen könnten – und damit die gesamte Währungsunion kippt. Auch Spanien legte gestern einen Sparplan vor. Zusammen mit dem griechischen Sparprogramm und der harten Haltung der EU hat das den Kursverfall zwar vorerst gestoppt. „Ausgestanden ist die Sache aber noch lange nicht“, sagt Antje Praefcke, Währungsexpertin bei der Commerzbank.

Kann die Währungsunion auseinanderbrechen? Diese Gefahr scheint erstmal gebannt. „Die Angst davor bleibt aber in den Hinterköpfen“, so Praefcke. Noch ist nicht ausgemacht, ob Griechenland seine Probleme in den Griff bekommt. Die Bonner Währungsexpertin Renate Ohr fordert sogar: Die Griechen sollen raus aus der Währungsunion. Das nähme Spannungen aus dem Euro-System. Bankerin Praefcke warnt dagegen: „Das wäre ganz, ganz schlecht für den Euro.“ Die gesamte Währungsunion würde angezweifelt – und geriete womöglich ins Trudeln.

Was ist die Lösung? Experten begrüßten das griechische Sparprogramm und die Überwachung durch die EU. Das Land will die Gehälter der Staatsdiener und die Budgets der Ministerien stutzen, Renten- und Gesundheitssystem umbauen. „Im Idealfall schafft Griechenland so alleine den Weg aus der Krise“, hofft Volkswirt Rees. Bis 2012 gibt die EU den Griechen dazu Zeit.

Ob sie wirklich über ihren Schatten springen? Bisher sieht es kaum danach aus. So sollen Finanzbeamte eigentlich die Steuerzahler schärfer kontrollieren. Wegen der Kürzung der Gehälter streiken die Staatsdiener aber erstmal. aja

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