Airbus-Schließung, weil die Immobilie Geld bringt?

Unterschleißheim: Welche Rolle spielt der Immobilienmarkt bei der Airbus-Schließung?
von  Susanne Stephan

 

UNTERSCHLEISSHEIM Wie geht’s weiter mit unseren Arbeitsplätzen – diese Frage treibt die Airbus-Beschäftigten um. Unterschleißheim ist besonders betroffen. Der Standort soll praktisch aufgelöst werden – möglicherweise auch deswegen, weil die Liegenschaft und die Produktionshallen komplett Airbus gehören und leicht verkauft werden können.

In Unterschleißheim werden verschiedene militärische Systeme hergestellt, beispielsweise das Artillerie-Abwehrsystem Cobra. „Das Geschäft trägt sich“, sagt Betriebsrat Michael Bernhard. Außerdem sitzt an dem Standort die zentrale Verwaltung für den Airbus-Rüstungs-Bereich Cassidian und weitere Verwaltungseinheiten für den Konzern. 1400 Beschäftigte aus diesen Bereichen sollten nach Ottobrunn umziehen, die übrigen 249 Stellen abgebaut werden – mit welchen Mitteln auch immer, schlimmstenfalls mit betriebsbedingten Kündigungen.

Betriebsrat Michael Bernhard mutmaßt, dass die Immobilien-Besitzverhältnisse bei der Entscheidung, den Standort dichtzumachen, mit eine Rolle gespielt haben: Während das Airbus-Gelände in Ottobrunn zum Teil gepachtet, geleast oder gemietet sei, könne Airbus in Unterschleißheim möglicherweise mit einem Komplettverkauf einen schönen Erlös einfahren. Vor nicht allzu langer Zeit habe immerhin eine neutrale Untersuchung den Fertigungshallen einen exzellenten Zustand bescheinigt, zudem sei die Verkehrsanbindung für Firmen optimal. Die Airbus-Pressestelle wollte diese Einschätzung weder bestätigen noch dementieren.

Unklar scheint bisher noch zu sein, welche Mitarbeiter umziehen und welche auf schöne oder unschöne Art aus dem Unternehmen hinauskomplimentiert werden. Mitarbeitern in der Entwicklung werde möglicherweise ein Umzug an die Airbus-Standorte Ulm oder Friedrichshafen angeboten, sagte Bernhard. Wobei den Fachleuten schwer vermittelbar sei, in wieweit dies die Produktivität erhöhen könne. „Was zählt, ist in unserem Bereich das Know-How, nicht die Maschinen. Diese Arbeiten kann man theoretisch überall auf der Welt machen, beispielsweise in Ottobrunn.“

Beschäftigte anderer Firmen mussten freilich die Erfahrung machen, dass mit Umzugs-Arrangements indirekt Kündigungen ausgesprochen wurden. Das Kalkül manchen Arbeitgebers: Mitarbeiter mit Familie winken ab, wenn sie über 100 Kilometer entfernt ein neues Leben beginnen sollen – und verzichten freiwillig auf eine Weiterbeschäftigung. Im schlimmsten Fall droht dies auch bei Airbus.

Unklar ist währenddessen, wie sich der Stellenabbau auf die Produktion auswirken wird. In der Entwicklung sei die Personaldecke bereits dünn, berichtet der Betriebsrat. „Manche Projekte hängen an einzelnen Leuten. Wenn die gehen, kann man eine Produktpalette einstellen.“

Zusammen mit anderen Betriebsräten versucht der Gewerkschafter zurzeit, Politiker davon zu überzeugen, dass Rüstungsprojekte in Deutschland gehalten werden müssen. Ob die Bitten der Arbeitnehmer-Vertreter auf mehr als freundliches Interesse stoßen, bleibt fraglich. Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nannte den Stellenabbau bei Airbus „unumgänglich“. Wenn man weniger Rüstung wolle, müsse man den Konzern entsprechend anpassen, sagte er.

 

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