Abwracken für den Aufschwung?
Die AZ-Redakteure Frank Müller und Volker ter Haseborg beschäftigen sich mit der Frage, ob die Abwrackprämie das richtige Instrument in der Krise war.
PRO Schon recht: Die Abwrackprämie war ein Subventionsschnellschuss. Sie bevorzugte eine einzelne Branche und innerhalb dieser auch noch bestimmte Firmen. Und gemessen an ihrem Milliardenumfang war sie dazu von sehr begrenztem ökologischen Wert. Darf der Staat so agieren?
Ja. Er muss es sogar. Denn Politik ist eben nur in den seltensten Fällen die Umsetzung der reinen Lehre. Die Abwrackprämie war ein Verstoß gegen viele Prinzipien – und sie war dennoch richtig: weil das Gegenteil noch viel schlimmer gewesen wäre.
Weil es aber wichtig war, gegen die Krise schnelle Impulse zu setzen, hat die Prämie ihren Zweck erreicht: die bedrohte Autoindustrie zu stabilisieren, die Laune der Käufer zu heben, Arbeitsplätze mindestens vorübergehend zu sichern. Auch deswegen kommt Deutschland nun glimpflicher aus der Krise, als zunächst befürchtet.
Die Abwrackprämie war die pure Notwehr. Noch einmal dürfen wir aber nicht in diese Notlage kommen.
KONTRA Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier werden sich ärgern, dass die Abwrackprämie aufgebraucht ist. Jetzt, wo der Wahlkampf gerade in seine heiße Phase geht.
Jetzt müssen sie den Bürgern mehr bieten, denn der Deutsche ist ein Schnäppchenjäger: Wie wäre es zum Beispiel mit einer Prämie auf Handys? Was als Wahlkampf- Geschenk begann, wird zur Dauerbelastung für den Haushalt. Erste Politiker haben schon vorgeschlagen, die Prämie zu verlängern.
Dabei war die Abwrackprämie war von Anfang an eine Schrott-Idee: Mit Steuermilliarden wurde eine Branche unterstützt, die viel zu viele und oft auch viel zu schlechte Autos baut. Fast ein Jahr lang kann die Autoindustrie mit ihrer mächtigen Lobby so weiterwursteln wie bisher. Mit Marktwirtschaft hat das nichts mehr zu tun.
Das dicke Ende kommt leider noch, wenn 2010 Tausende ihren Job verlieren. Dann sind nicht nur jede Menge Autos reif für den Schrottplatz – sondern auch die Sozialkassen.