Abgas-Skandal: VW sucht nach Wegen aus der Krise

Wolfsburg - Volkswagen sucht weiter nach Wegen aus der Abgas-Krise. Das Präsidium des Aufsichtsrats, der innerste VW-Machtzirkel, beriet am Mittwochabend stundenlang. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. Eine Erklärung des Präsidiums gab es nicht. Dem Gremium sollte nach dpa-Informationen nach internen Ermittlungen ein erster Zwischenbericht vorgelegt werden.
Demnach fiel die Entscheidung zum Einbau der manipulierten Software bereits in den Jahren 2005 und 2006, und zwar in der Motorenentwicklung in der VW-Zentrale. Unklar ist weiterhin, wer genau die Verantwortung für den Einbau der Software trägt.
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Zum Präsidium des Kontrollgremiums zählen Interims-Aufsichtsratschef Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Aufsichtsrat Wolfgang Porsche, Betriebsratschef Bernd Osterloh und dessen Stellvertreter Stephan Wolf.
Vor zehn Tagen war in den USA herausgekommen, dass VW mit einem Computerprogramm die Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert hat. Weltweit sind nach Konzernangaben rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen, davon rund 2,8 Millionen in Deutschland.
Keine Ermittlungen gegen Winterkorn
Vor einer Woche war infolge des Skandals der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn zurückgetreten. Sein Nachfolger wurde der bisherige Porsche-Chef Matthias Müller. Neuer Porsche-Chef wiederum wird der bisherige Produktionsvorstand Oliver Blume.
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Entgegen früheren Angaben ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig aber nicht gegen Winterkorn. Die Staatsanwaltschaft bedauerte in einer Mitteilung am Donnerstag die Irritationen über ihre Angaben zu dem Verfahren. Es sei auf Grundlage mehrerer Anzeigen zwar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Gegen Winterkorn werde aber derzeit erst ein Anfangsverdacht geprüft. "Ein formelles Ermittlungsverfahren wird gegen Prof. Dr. Winterkorn gegenwärtig nicht geführt", heißt es in der Erklärung.
Verstoß gegen das Aktienrecht?
Bereits am 3. September soll Volkswagen gegenüber der amerikanischen Umweltbehörde EPA die Manipulation eingeräumt haben. Nach dpa-Informationen spielt genau dieses Datum eine gewichtige Rolle. Denn gegenüber der Öffentlichkeit schwieg der Zwölf-Marken-Konzern sich noch Wochen aus. In Konzernkreisen wird befürchtet, VW habe damit gegen das Aktienrecht verstoßen. Denn alle börsenrelevanten Informationen müssen öffentlich gemacht werden.
Ungeklärte Personalfragen
Darüber hinaus ging es bei den Präsidiumsberatungen auch um die Zukunft des bisherigen VW-Finanzchefs Hans Dieter Pötsch. Anfang September hatte das Präsidium Pötsch noch einstimmig als Nachfolger von Ferdinand Piëch an der Spitze des Aufsichtsrates vorgeschlagen. Der langjährige VW-Patriarch Piëch hatte im Frühjahr einen internen Machtkampf mit dem ehemaligen Konzernchef Winterkorn verloren und war zurückgetreten.
In Konzernkreisen war nach einem Bericht des "Handelsblatts" Kritik laut geworden, weil Pötsch in seiner neuen Rolle die Aufklärung des Dieselskandals beaufsichtigen soll - für den er in seiner Zeit als VW-Vorstand aber möglicherweise eine Mitschuld tragen könnte, wie es in den Kreisen hieß. Nach dpa-Informationen gibt es hier etwa seitens des Landes Niedersachsen Klärungsbedarf.
Die Familien Porsche und Piëch dagegen stehen unverändert hinter Pötsch als künftigen Chef des Volkswagen-Kontrollgremiums, wie ein Sprecher der Dachgesellschaft Porsche SE der dpa in Stuttgart sagte. Die Holding hält die Mehrheit an VW, die Familien Piëch und Porsche wiederum spielen eine maßgebliche Rolle in der Porsche SE.
VW drohen Milliardenkosten aus Schadensersatzansprüchen und Sammelklagen. Daneben erwägen die Regierungen in Frankreich und Spanien, Subventionen zurückzufordern. Juristischer Ärger droht bislang auch in den USA, Deutschland und Südkorea.