9943 Euro Abgaben: Deutschland - Schröpfland!
Deutsche Arbeitnehmer werden geschröpft wie niemand sonst in der EU. 2011 zahlte jeder Beschäftigte 9943 Euro an Staat und Sozialkassen. Jetzt gibt’s Zoff um die Überschüsse
MÜNCHEN - Deutschland geht es gut, der Schuldenkrise zum Trotz. Die Wirtschaft wächst und mit ihr die Steuereinnahmen. Die Krankenkassen verzeichnen zweistellige Milliarden-Überschüsse. Nur bei den Beschäftigten kommt der Wohlstand nicht an. Sie leiden unter einer rekordträchtigen Abgabenlast. 2011 mussten sie so viel an Staat und Sozialkassen zahlen wie nie zuvor. Mehr Arbeitsplätze und höhere Tariflöhne sorgten im vergangenen Jahr dafür, dass der Fiskus und die Sozialkassen rund eine Billion Euro kassierten.
Die Beschäftigten dagegen mussten bluten, vor allem wegen der gestiegenen Beitragssätze für die Kranken- und Arbeitslosen-Versicherung. Die Folge: Sie hatten 2011 im Schnitt weniger im Geldbeutel als im Jahr zuvor. Im Schnitt zahlte ein Beschäftigter 9943 Euro an Staat und Sozialkassen. Das waren fast sechs Prozent mehr als 2010. Mit der Belastung seiner Bürger nimmt Deutschland innerhalb der EU einen traurigen Spitzenplatz ein.
Seit dem Jahr 2003 sanken die Löhne in Deutschland, während alle anderen Länder der Union Zuwächse verzeichneten. In mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern verdoppelten sie sich in dieser Zeit sogar. Auch in Frankreich wuchsen sie um fast zehn Prozent. Den Vertretern der Koalition geben die aktuellen Zahlen Anlass für Streit. Die FDP entdeckte erneut ihr Herz für Ärzte und wiederholte ihre Forderung nach einer Abschaffung der Praxisgebühr, holte sich aber eine Abfuhr bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die ließ über ihren Vize-Regierungssprecher Georg Streiter ausrichten, es sei wichtiger, „dass das Geld der Beitragszahler zusammengehalten wird“.
Auch der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, warnte davor, die Überschüsse für „neue soziale Wohltaten“ zu verwenden. Besser sei eine Rücklage, damit das Rentensystem mit der Alterung der Gesellschaft besser klarkommt. Damit befindet sich Lauk auf einer Linie mit dem DGB. Dessen Vorstandsfrau Annelie Buntenbach fordert, eine „demografische Reserve aufzubauen“ für die Rentenkassen.
Die Koalition plant allerdings vorrangig Steuersenkungen von jährlich sechs Milliarden Euro – gegen den Widerstand von SPD, Linken und Grünen. Ohne Zustimmung der von SPD und Grünen regierten Länder dürften diese Pläne scheitern. Merkel geißelt dies als „Blockadepolitik“, auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer holzt: Er droht mit einem Steuerwahlkampf, sollte Rot-Grün bei den Steuersenkungen nicht mitmachen.