4000 Mitarbeiter erhalten die Kündigung: Psycho-Hilfe im Versandhaus

Eine Task Force aus 56 Arbeitsagentur-Spezialisten soll den 4000 Betroffenen in Franken helfen, während Politiker und Gewerkschafter um die Ursachen für die Pleite streiten. Mehr als 4000 Mitarbeiter bekommen die Kündigung zum 1. November.
Mehr als 4000 Mitarbeiter bekommen die Kündigung zum 1. November. Allein in Bayern sind so viele Menschen von der Quelle-Pleite betroffen. „Es geht jetzt erst mal darum, denen zu helfen“, sagt der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert „die Prüfung von Hilfen“. Viel ist es nicht, was der Staat tun kann im Moment. In den Räumen des Versandhauses errichtet die Bundesagentur für Arbeit eine Zweigstelle ein. Geplant ist außerdem eine psychologische Krisenambulanz.
Bayerns Arbeitsministerin Christine Haderthauer kündigte an, sie wolle im Rahmen eines „Notfallplans“ „maßgeschneiderte Fortbildungsprogramme“ auf den Weg bringen. Konkreter konnte sie noch nicht werden. In der Außenstelle der Arbeitsagentur sollten 56 Spezialisten eine Task Force bilden. Insgesamt sind von der Quelle-Pleite knapp 7000 der 10700 Beschäftigten der Primonda Gruppe, einer Arcandor-Tochter, betroffen.
Der Quelle-Betriebsrat hofft auf den Erhalt einzelner Standorte, wie zum Beispiel ein Call Center in Magdeburg mit 800 Mitarbeitern. Dies sei für Investoren interessant, für die Menschen in Franken allerdings ist das kein Trost.
Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sichert der Region Unterstützung zu. Im Großraum Nürnberg gebe es 10000 offene Stellen. Das gebe „berechtigten Anlass zur Hoffnung“, dass die Entlassenen bald wieder Arbeit fänden. Allerdings müssten sich die meisten qualifizieren.
Politiker, Manager und Gewerkschafter streiten derweil über die Schuldfrage an der Pleite. Haderthauer sagte, die Abwicklung sei für sie „völlig überraschend“ gekommen. Signale der vergangenen Wochen und der Beginn des Fortführungskonzepts hätten in eine andere Richtung gedeutet. „Das wirft Fragen an den Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg auf“, sagte die Ministerin. Auch die Gewerkschaft Verdi kritisiert Görg. Handels-Experte Johann Rösch sagte, Görg habe offenbar mit der Abwicklung „einen einfacheren Weg“ gewählt.
Ansonsten nehmen die Arbeitnehmervertreter eher die Politik ins Visier. Gesamtbetriebsratschef Ernst Sindel kritisierte „das elende Gezerre“ um die Finanzierung der Quelle-Rettung: „Die Unterstützung aus Berlin war mangelhaft.“
Bei der Bundesregierung ist man zuversichtlich, ihren Anteil aus dem 50-Millionen-Massekredit, den sie gemeinsam mit Bayern und Sachsen aufgelegt hat, zurückzubekommen. Allerdings müsse aber noch abgewartet werden, was die Insolvenzmasse hergebe, sagte ein Sprecher.
Die Pleite des größten deutschen Versandhandels beschäftigt sogar die Konkurrenz. „Wir bedauern die Insolvenz von Quelle, insbesondere im Hinblick auf die betroffenen Mitarbeiter“, heißt es beim Otto-Versand. Der hat im Gegensatz zur fränkischen Konkurrenz nach Ansicht der Fachleute die Trends früher erkannt. So sei der Internet-Auftritt des Hamburger Otto-Versands besser, sagt Handelsexperte Joachim Zentes von der Uni Saarbrücken.
Es gebe sogar einen Trend zum Versandhandel, allerdings ausschließlich online. „Der klassische Katalog-Handel ist schon lange rückläufig“, sagt Zentes. Dagegen erwartet der Internet-Versandhandel in diesem Jahr ein Umsatzplus von 1,7 Prozent auf 29,1 Milliarden Euro. Davon profitieren aber vor allem Spezialisten wie Modemarken, Outdoor-Ausstatter oder CD-Händler. Für die Quelle-Töchter „Baby-Walz“ oder „Hess Natur“ gebe es deshalb Hoffnung. Die Anbieter liegen sogar im Trend: „Da werden nicht nur Kunden gewonnen, sondern sogar Fans,“ sagt Zentes.