2.700 Stellen weg: Der Siemens-Schock

Eigentlich steht der Technologie-Riese richtig gut da – aber trotzdem greift Chef Joe Kaeser weiter durch. Er will keine Zeit verlieren, wenn es darum geht, den Konzern neu auszurichten. Das kostet viele Jobs.
von  csc, oz
Siemens will neben Stellen in der Unternehmens-IT auch Arbeitsplätze in der digitalen Fabrik, der Zugsparte und im Ausbildungsberech streichen.
Siemens will neben Stellen in der Unternehmens-IT auch Arbeitsplätze in der digitalen Fabrik, der Zugsparte und im Ausbildungsberech streichen. © Siemens

Der Niederbayer lässt nicht locker. Schritt für Schritt trimmt Joe Kaeser (59) den Elektroriesen auf Digitalisierung und räumt in Problemsparten auf. Das geht mit schmerzhaften Einschnitten einher.

Rund 2.700 Jobs stehen dieses Mal auf der Kippe – 1.700 davon will Siemens in den kommenden Jahren streichen und weitere 1.000 verlagern.

Und das, obwohl sich der Chef nach einem guten zweiten Quartal gerade noch einen Tick optimistischer für dieses Geschäftsjahr gezeigt hatte.

Für Siemens läuft es doch gerade gut, warum also schon wieder Stellenstreichungen? Das kann man so pauschal nicht beantworten. Generell gibt es in dem Konzern immer irgendeine Baustelle, auf der gekürzt, optimiert oder zusammengelegt wird. Dafür sorgen Schwankungen und neue Konkurrenzverhältnisse in unterschiedlichen Branchen. Hier steuert die Konzernführung gegen – und bekommt dafür auch Lob von Anlegern. Auch bei der Digitalisierung, die immer mehr an Fahrt aufnimmt, will Kaeser keine Zeit mehr verlieren.

Standorte München, Erlangen und Nürnberg

Welche Hintergründe haben die Einschnitte in den Sparten? Da ist zum einen die Unternehmens-IT, wo es alleine um 1.350 Jobs an den Standorten München, Erlangen und Nürnberg geht. Die Aktivitäten sollen hier stärker konzentriert werden, auch um Kapazitäten zu schaffen.

Wie sieht es in der zukunftsträchtigen digitalen Fabrik aus? Hier kommt es ebenfalls zu Einschnitten, weil Lager im Großraum Nürnberg, Fürth, Erlangen und Amberg zu einem Logistikzentrum in Amberg zusammengefasst werden. Ein extern Dienstleister soll das Zentrum betreiben.

Außerdem bekommt Siemens zu spüren, dass sich Kunden bei Investitionen zurückhalten, was Einschnitte im Fürther Werk nach sich zieht. In Summe stehen damit 850 Jobs in der Sparte auf der Kippe, davon sollen 600 wegfallen, und wiederum davon 450 in Fürth.

Wettbewerbs- und Kostendruck sind hoch

Und die Zugsparte? Auch sie muss Federn lassen: Hier leidet Siemens unter Wettbewerbs- und Kostendruck. Das kostet Aufträge. Auch der wichtige Kunde Deutsche Bahn schaut sich in China nach Zug-Komponenten um. In Krefeld streicht Siemens nun 300 Stellen.

Die Ausbildung ist auch betroffen. Wieso räumt der Konzern hier auf? Bisher bildet Siemens auch für andere Unternehmen aus, hier will der Konzern stärker auf die Kosten schauen. Auch will Siemens Teile der Ausbildung an andere Dienstleister übertragen. In Summe könnten weitere 180 Arbeitsplätze betroffen sein und die Zahl der 33 Ausbildungszentren schrumpfen.

Wie reagieren die Arbeitnehmervertreter? Die IG Metall zeigte gestern wenig Verständnis für die Einschnitte. „Siemens verfällt in sein gewohntes Muster, auf wirkliche oder eingebildete Schwierigkeiten mit Kostensenkungen und Stellenabbau zu reagieren“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft. Gerade angesichts hervorragender Geschäftszahlen und voller Kassen halte man die Maßnahmen für voreilig. Bislang handle es sich bei dem Maßnahmenpaket derweil nur um eine „Wunschliste“, so der Sprecher.

Was sagt Bayerns Wirtschaftsministerium zum Stellenabbau? Ilse Aigner (CSU) will den Stellenbau in der kommenden Woche im Ministerrat zum Thema machen, wie sie der „Passauer Neuen Presse“ und dem „Donaukurier“ sagte.

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