Was wird aus dem digitalen Erbe?

Den Nachlass eines Verstorbenen zu verwalten, ist viel Arbeit. Was neu hinzukommt: Auch die virtuellen Hinterlassenschaften im Netz müssen geregelt werden. Was es dabei zu beachten gibt.
Sebastian Knoppik |
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Der Mensch als Tablet - ein Marketing-Gag auf der aktuell laufenden "Consumer Electronics Show" (CES) in Las Vegas. Tatsächlich werden die digitalen Hinterlassenschaften eines jeden Einzelnen immer mehr.
dpa Der Mensch als Tablet - ein Marketing-Gag auf der aktuell laufenden "Consumer Electronics Show" (CES) in Las Vegas. Tatsächlich werden die digitalen Hinterlassenschaften eines jeden Einzelnen immer mehr.

Wenn ein Mensch stirbt, lebt seine digitale Identität weiter. Kümmern sich die Angehörigen nicht, bleiben Facebook- Account, Mail-Adresse oder Online-Abos aktiv. Doch die Zugänge zu kündigen, ist oft gar nicht so einfach. Das ist zum Teil mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden, vor allem bei ausländischen Anbietern.

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) hat vor kurzem eine große Online-Kampagne unter dem Titel „#machtsgut“ gestartet. Dort kann man unter anderem erfahren, dass alle drei Minuten in Deutschland ein Facebook-Nutzer stirbt, ohne dass geregelt ist, was mit geposteten Inhalten, Likes und Fotos passiert. Dabei wird das Problem in Zukunft noch größer. „ Die Generation, die das ausführlich nutzt, kommt ja erst“, sagt Sabine Petri, Referentin für Datenschutz bei der Verbraucher-zentrale Nordrhein-Westfalen.

Liste für die Erben

Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich jemand der verschiedenen Accounts eines Verstorbenen annimmt. „ Ich muss mich auf jeden Fall kümmern“, sagt Petri. Das ist insbesondere bei kostenpflichtigen Diensten wichtig. „ Die Kosten laufen unverändert weiter.“ Und für diese Gebühren muss nach dem Tod der Erbe aufkommen, solange der Vertrag nicht gekündigt wird.

Aber auch bei kostenlosen Diensten wie Facebook, Google oder Twitter sollte man sich darum kümmern, dass der Zugang gelöscht oder das Online-Profil weiter gepflegt wird. Experten empfehlen, für die Erben eine Liste mit sämtlichen Zugangsdaten zu hinterlassen. „Das ist für die Erben der einfachste Weg, die Accounts zu löschen“, sagt Verbraucherschützerin Petri. „ Diese Liste sollte man am besten da abheften, wo man seine anderen Dinge ablegt“, sagt Verbraucherschützerin Petri.

Digitales Ausmisten

Einen „ klassischen Zielkonflikt“ gibt es dabei nach Ansicht von Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München: „ Auf der einen Seite sollen wir aus Gründen der Sicherheit ständig unsere Passwörter ändern. Auf der anderen Seite bekommt der Erbe ohne diese Passwörter keinen Zugang zu den Accounts.“

Erbrechtsanwalt Steiner empfiehlt, die Benutzerdaten auf einem USB-Stick zu speichern. Dieser Stick sollte dabei natürlich ebenfalls passwortgeschützt sein, damit Unbefugte diese nicht nutzen können. „ Die Passwörter müssen dann natürlich ständig aktualisiert werden“, erklärt Steiner. Eine weitere Möglichkeit, um es den Hinterbliebenen möglichst leicht zu machen, ist das „ digitale Ausmisten“, wie es Petri nennt. „ Brauche ich meine 30 Accounts bei irgendwelchen Online-Händlern noch?“

Lesen Sie hier: Facebook: Neuerungen auf Prüfstand

Im Vorfeld regeln

Bei Google gibt es in Form des sogenannten Kontoinaktivität-Managers die Möglichkeit, schon zu Lebzeiten den Zugriff von Angehörigen nach dem Tod zu regeln. Hat man sich eine bestimmte Zeit lang nicht mehr eingeloggt, werden zuvor festgelegte Menschen informiert, das Konto automatisch gelöscht oder den Angehörigen die Möglichkeit geboten, die gespeicherten Daten herunterzuladen. Was genau Google nach dem Tod machen soll, muss man dabei vorher einstellen.

Verfügt man als Angehöriger nicht über die Benutzerdaten, gestaltet sich die Kündigung nach Erfahrung von Fachanwalt Steiner schwierig. „Man muss sich meist durch die Websites kämpfen, bis man die Informationen findet, wie der Account gelöscht werden kann.“

Der "Gedenkzustand"

Besonders schwierig sei es bei ausländischen Diensten, insbesondere aus den USA, erklärt Erbrechtsexperte Steiner: „Die wollen mit dem deutschen Recht nichts zu tun haben. Da wird dann auch schon mal ein Gerichtsbeschluss eines amerikanischen Gerichts verlangt.“

Jeder Anbieter handhabt den Umgang mit den Daten Verstorbener anders. Einen Überblick über die wichtigsten Dienste bietet der vzbv im Internet: So gibt es den Angaben zufolge etwa bei Facebook die Möglichkeit, das Profil des Verstorbenen in den „ Gedenkzustand“ zu versetzen. Der Account ist dadurch weiter abrufbar, man kann dort aber keine neuen Informationen mehr posten. Voraussetzung dafür ist, dass man als Angehöriger die Geburts- und Sterbeurkunde vorlegt.

Zugriff per Erbeschein

Bei den deutschen Mail-Anbietern GMX und Web.de kann man laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband bei Vorlage des Erbscheins Zugriff auf die Postfächer bekommen und diese auch löschen. Bei dem amerikanischen Anbieter Yahoo erhält man demnach als Erbe zwar keinen Zugriff auf das Mail-Konto, kann aber bei Vorlage der Sterbeurkunde den Account löschen lassen.

Inzwischen gibt es auch spezielle Dienstleiter, die sich im Auftrag der Angehörigen um den digitalen Nachlass kümmern. „Das wird auch gern von Bestattungsunternehmen angeboten“, weiß Verbraucherschützerin Petri. Doch Experten raten von den Angeboten dieser Firmen eher ab. „Diese können meist nur den ersten Schritt machen und bei verschiedenen Diensten anfragen, ob ein Account des Verstorbenen vorliegt. Das können die Angehörigen aber auch selbst machen“, erklärt Erbrechtsanwalt Steiner.

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