Phänomen Facebook - es wird zehn Jahre alt
Geliebt und umstritten: Facebook, größtes soziales Netzwerk der Erde, feiert seinen zehnten Geburtstag. Seine Faszination, seine Stationen, sein Gründer, seine Tücken
Wenn Facebook ein Land wäre, wäre es das drittgrößte auf der Erde - mit 1,23 Milliarden "Einwohnern" käme es gleich hinter China und Indien. Das ist eine geballte Macht - finanziell, aber auch für das Kommunikationsverhalten der Welt.
Die Anfänge.
Im Jahr 2004 wählten die Amerikaner George W. Bush erneut zu ihrem Präsidenten, bei den Palästinensern herrscht noch Präsident Jassir Arafat. An der US-Eliteuni Harvard gründet ein junger Mann namens Mark Zuckerberg zusammen mit Freunden eine Art digitales Jahrbuch, über das sich seine Kommilitonen vernetzen können. Am 6. Februar 2004 geht es online. Im März wird es auf andere US-Universitäten ausgeweitet, ab September gibt es die berühmte Pinnwand. Im Dezember knackt es die Marke von einer Million Nutzern. Zuckerbergs anfängliche Mitstreiter Tyler und Cameron Winklevoss beschweren sich später, er habe ihre Idee geklaut. Der Streit endet 2011 vor Gericht mit einem Vergleich.
Der Gründer.
Mark Zuckerberg trägt bis heute Kapuzenpulli statt Krawatte. Der mittlerweile 29-Jährige verfügt jetzt über ein Vermögen von umgerechnet 30 Milliarden Euro. Er lässt es sich selten nach außen anmerken, außer, wenn er gerade mal schnell die vier Grundstücke um sein Haus in Kalifornien zusammenkauft, um seine Privatsphäre zu schützen. Schon mit Anfang 20 hätte er sich als Milliardär zur Ruhe setzen können, wenn er eins der vielen Kaufangebote angenommen hätte. Aber er wollte sein Baby selbst großziehen. Der junge Mann, der mit Computern schon immer besser zurechtkam als mit Live-Kontakten, hat Großes vor: "Jeden auf der Welt zu vernetzen." Privat ist über ausschweifende Partys nichts bekannt, er lebt eher zurückgezogen mit seiner Frau Priscilla. Sie will jetzt Kinder, er noch nicht, sagte er jüngst in einem Interview. "Wenn ich Kinder habe, will ich Zeit mit ihnen verbringen." Und - noch - frisst Facebook den größten Teil seiner Zeit.
Der Siegeszug.
In rasantem Tempo erobert Facebook die Welt des Internets. Konkurrenten, die damals weit größer waren, wie StudiVZ in Deutschland oder MySpace in den USA, lässt Zuckerbergs Netzwerk schnell hinter sich. Sie verschwinden einfach ins Nichts. Sogar den Angriff des Giganten Google mit seinem Netz Google+ kann er abwehren. Im Ranking der Internet-Riesen insgesamt führt Google immer noch: Dank des florierenden Werbegeschäfts konnte der Suchmaschinen-Konzern seinen Gewinn im letzten Quartal 2013 um 17 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar steigern. Doch Facebook hat die steilsten Wachstumskurven: Im gleichen Zeitraum verachtfachte es seinen Gewinn auf 523 Millionen. Andere wie Amazon dagegen enttäuschten die Erwartungen.
Der Trend.
Immer mal wieder wird ein Ende des Hypes prophezeiht: Mal, weil die Nutzer wegen des NSA-Skandals vielleicht zurückhaltender werden im Posten von persönlichen Informationen. Mal, weil die Teenies längst andere Plattformen nutzen und es uncool finden, sich dort zu tummeln, wo auch ihre Eltern sind. "Facebook ist nicht die Mutter der sozialen Netzwerke, sondern die Oma". lästern Blogger. Aber: Facebook wächst - noch - nach jedem Unkenruf weiter. Offenbar gibt es noch genug ältere Semester, die das virtuelle Wohnzimmer für sich entdecken. Und: Zwei Drittel der Weltbevölkerung haben noch gar keinen regelmäßigen Zugang zum Internet. Da wittert Zuckerberg noch viel Potential.
Die Flops.
Der hochgejubelte Börsengang im Mai 2012 geriet zum Desaster. Das Unternehmen und seine Berater überschätzen die Nachfrage und schrauben den Ausgabepreis immer höher, schließlich liegt er bei 38 Dollar. Es kommt zu einem Debakel, wie es bei Börsengängen in dieser Größenordnung selten vorkommt: Die Aktie wird für überbewertet gehalten und schmiert auf 18 Dollar ab - weniger als die Hälfte des Ausgabepreises. "Wir haben haufenweise Fehler gemacht", räumt Zuckerberg ein. Mittlerweile allerdings hat sich das Papier wieder erholt: Heute liegt es beim Rekordstand von 62 Dollar. Denn mit dem neuen Schachzug, die Werbung nicht nur am Rand, sondern auch im Hauptteil der Seite zwischen den Neuigkeiten zu platzieren, hat Facebook die Anleger wieder glücklich gemacht. Freundschaft als Geschäftsmodell, das funktioniert immer noch.
Die Nutzer.
An einem normalen Tag sind derzeit 757 Millionen Nutzer aktiv. Sie setzen mehr als sechs Milliarden "Likes". Die deutschen Mitglieder verbringen pro Tag mehr Zeit mit Facebook als mit Mittag- und Abendessen zusammen, Smartphone-Besitzer schauen im Schnitt 14 Mal pro Tag vorbei. Klassische Datenschützer rätseln bis heute, warum sich gerade viele Deutsche vehement für den Schutz ihrer Privatsphäre einsetzen, aber freiwillig persönliche Details in großen Mengen ins Netz stellen. Die Bandbreite ist riesig: Es gibt die Antreiber der arabischen Revolution, die ohne das soziale Netzwerke nicht solche Aufstände hätten lostreten können. Es gibt CSU-Politiker, die alle paar Wochen mal einen Mitarbeiter etwas posten lassen. Es gibt Facebook-Junkies, die am Entzug immer wieder scheitern. Es bleibt ein Phänomen.
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