Hier gibt es keinen Audi RS7 zu gewinnen! Wie Sie Fake-Gewinnspiele erkennen

Auf Facebook geht derzeit ein vermeintliches Gewinnspiel durch die Decke. Hunderttausende tappen in die Falle und machen mit. Die AZ zeigt, was hinter solchen Gewinnspiel-Fakes steckt – und wie Sie sie erkennen können.
Die Preise für so einen Audi RS7 starten bei rund 120.000 Euro. Da muss der Autokonzern aber ganz schön die Spendierhosen anhaben, könnte man denken, wenn man sich das "Gewinnspiel" auf Facebook anschaut, das gerade bei vielen durch die Timeline geistert. Gleich drei Exemplare des 560 PS starken Nobel-Sportwagens sollen da unter die Leute gebracht werden – und dann auch noch in der Wunschfarbe und mit roter Schleife auf der Motorhaube.
Alles was man dafür tun muss: den Beitrag teilen und liken und in einem Kommentar die Wunschfarbe darunterschreiben. Klingt zu gut um wahr zu sein? Ist es auch.
Das Gewinnspiel ist ein Fake! Nichtsdestotrotz haben inzwischen knapp 140.000 Menschen den Post der dubiosen Seite geteilt, knapp 108.000 kommentiert und 88.000 geliked bzw. darauf reagiert (Stand 3.5.2017, 9.50 Uhr). Das sind so viele Leute, dass sich auch Audi Deutschland selbst dazu veranlasst fühlt, auf der offiziellen Facebookseite des Unternehmens auf den Fake hinzuweisen.
Wer steckt hinter Fake-Gewinnspielen und was wird damit bezweckt? Woran erkennt man, ob ein Gewinnspiel echt ist oder nicht? Und was ist zu tun, wenn man doch mal in die Fake-Falle getappt ist?
Die AZ hat bei Andre Wolf, Experte beim "Mimikama-Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch" nachgefragt.
Lockvogel-Gewinnspiele: Die Masche ist immer die Gleiche
Beim Audi-mit-roter-Schleife-Gewinnspiel handelt es sich um einen Klassiker, "ein Lockvogel-Gewinnspiel", wie Andre Wolf erklärt. Hochwertige Gewinne und geringe Teilnahme-Hürden sollen möglichst viele Facebook-Nutzer dazu bringen, dem Post mit ihren Interaktionen so weit wie möglich zu verbreiten. Alle die kommentieren, liken oder teilen und sich eine Gewinnchance ausrechnen, werden also nur benutzt, um eine hohe Reichweite zu generieren. Wenn der Post dann genügend Aufmerksamkeit hat, wird oft ein Link hinzugefügt, den die Teilnehmer dann klicken sollen. Der führt dann zu einer Seite, wo die Nutzer ihre persönlichen Daten eintragen müssen.
Im besten Fall werden die Daten für Spam-Mails, Werbe-Anrufe oder andere kommerzielle Zwecke missbraucht. Im schlimmsten Fall sind die Teilnehmer in eine Abo-Falle (der ein oder andere erinnert sich noch an das Jamba Spar-Abo von früher) getappt. Der Schreck dürfte dann mit der nächsten Handyrechnung kommen. Sogenannte WAP-Billing-Fallen sind zwar seltener geworden, kommen aber noch immer vor. Und auch das Abgreifen von Nutzerdaten ist für die Hintermänner pures Geld wert.
Wer steckt dahinter? Handeln die Hintermänner illegal?
Laut Andre Wolf stecken oft zwei Gruppen von Akteuren hinter solchen Fake-Gewinnspielen: Die Verfasser der Gewinnspiel-Postings und die Betreiber der Affiliate-Seiten oder Premiumdienste, die mit den Daten der Teilnehmer Geld machen.
Wolf: "Diese Dienste, speziell die Direktmarketing Agenturen, agieren weitestgehend legal. Die eher illegale und betrügerische Komponente liegt jedoch in den anonym agierenden Personen, die über die Vermittlung und das Implementieren von eben jenen Partnerprogrammen Provisionen kassieren. Diese Personen sind gar nicht an den persönlichen Daten der Nutzer interessier sondern daran, so viele Menschen wie möglich in ein Affiliate Gewinnspiel oder gar eine Abofalle zu locken, um möglichst hohe Provisionen zu bekommen. Dabei entstehen dann klassische Fake-News oder eben die berühmten "Audi RS7 / Mercedes AMG / iPhone"-Gewinnspiele, wo es am Ende keine Gewinner gibt."
Wie kann man den Verfassern der Fake-Posts das Handwerk legen? "Das ist kaum möglich. Die Verfasser agieren anonym und auch die zwischengeschalteten Webseiten, welche lediglich als Weiterleitung dienen, in denen der Partnerlink für die Provision implementiert ist, lagern auf Webseiten im nicht-europäischen Ausland", so Wolf.
Geht Facebook gegen entsprechende Fake-Inhalte vor?
Facebook sucht nicht aktiv nach solchen Inhalten, reagiert aber laut Wolf in annehmbarem Ausmaß auf Meldungen von Usern. Nach einem gewissen Zeitraum werden solche Gewinnspiele dann gelöscht. Meist sind dann jedoch schon zigtausende Nutzerdaten abgefischt.
Beispiel RS7-Gewinnspiel: Der ursprüngliche Gewinnspiel-Post wurde bereits gelöscht, die Seite selbst aber nicht. Es dauerte nicht lange, bis eine Kopie des Posts aufpoppte und wieder auf Datenfang ging. Inzwischen ist sogar ein zweiter Post online, der die Nutzer mit folgendem Versprechen lockt: "Anlässlich unseren Jahrestages ermöglichen wir 3 Fans unserer Seite die Möglichkeit einen von drei brandneuen RS7 Modellen von AUDI gewinnen zu können!"
Woran erkenne ich gefakte Gewinnspiele?
- Fehlerhafte Sprache: Tippfehler, falsche Grammatik deuten auf Unechtheit hin, vor allem bei hochwertigen Gewinnen
- Keine Daten: Kein Impressum, keine Kontaktdaten, keine AGB auf der Facebookseite, kein Link auf eine Webseite
- Kein blauer Haken vorhanden: Ein blauer Haken zeigt an, ob eine Seite von Facebook authentifiziert wurde (beispielsweise bei der offiziellen Audi-Deutschland-Seite der Fall)
- Bearbeitungsverlauf des Gewinnspiel-Posts: Nachträglich eingefügte Links, geänderte Teilnahmebedingungen
- Die rote Schleife: Sie ist inzwischen ein Running Gag - Auto-Gewinnspiele mit roter Schleife sind nicht echt!
Ich bin doch in die Falle getappt - was soll ich jetzt tun?
Wolf: "Wer nun tatsächlich ein Gewinnspiel bei einem Datenhändler ausgefüllt hat, sollte das Werbeeinverständnis widerrufen und auch die Gewinnspielteilnahme kündigen. Ansonsten kann man sich einer Vielzahl an Werbeschreiben oder Anrufen erfreuen." Werbe-E-Mails haben oftmals einen Link unten angefügt, mit dem man sich aus dem entsprechenden Verteiler entfernen lassen kann. Ist das nicht der Fall, nehmen Sie mit dem Absender der Mails Kontakt auf. Sie haben ein Recht darauf, das Werbeinverständnis zu widerrufen!
Wer sich in eine Falle gelockt fühlt, sollte zudem nicht zahlen! "Verbraucher sollten sowohl bei ihrem Mobilfunkanbieter als auch beim Drittanbieter der Forderung widersprechen und den strittigen Betrag keinesfalls zahlen. Wird die Rechnung im Lastschriftverfahren eingezogen, kann man bei seiner Bank binnen 8 Wochen die Rückbuchung veranlassen und den entsprechend gekürzten Betrag an den Anbieter überweisen.", erklärt Wolf.
Was tun, wenn Freunde in der Timeline solche Gewinnspiele Teilen?
Wenn Sie ein Fake-Gewinnspiel entlarvt haben, zögern Sie nicht, es bei Facebook zu melden und warnen Sie Freunde, die die Posts geteilt haben. Selbst nach der irrtümlichen Teilnahme können noch einige Dinge getan werden, um den Schaden zu begrenzen.
In der Zeit, in der dieser Artikel verfasst wurde, haben weitere 4.000 Menschen das Audi-Fake-Gewinnspiel geteilt. Legt man eine durchschnittliche Freundes-Anzahl von knapp 350 zugrunde, kann man sich ausrechnen, wie viele Facebook-User allein bis zum Ende dieses einen "Gewinnspiels" (19. Mai) potenzielle Opfer der Datenfänger werden.