Gibt's bald Diagnosen wie bei Raumschiff Enterprise?
Das kleine Gerät "Tricorder" erkennt in der Serie in Sekunden Krankheiten. Geht das auch in der Realität? Forscher haben die Technik nachgebaut.
München - Die Serie lief erstmals in den 60er Jahren, aber die Technologie aus "Raumschiff Enterprise" war ihrer Zeit schon immer weit voraus. Leonard McCoy untersucht seine Patienten in der Serie etwa mit einem Tricorder. Kontaktlos und sekundenschnell erkennt das kleine Gerät Krankheiten. Unter Fans ist das Gerät legendär – aber eben irgendwie auch nicht von dieser Welt. Bis jetzt.
15 verschiedene Krankheiten erkennen
Zehn Millionen Dollar hatte die X-Prize-Stiftung 2012 demjenigen versprochen, der den Tricorder nachbaut. Das Gerät solle genau wie das Vorbild aus der Serie funktionieren und möglichst genau eine Auswahl von 15 verschiedenen Krankheiten bei 30 Patienten ermitteln. Zudem dürfe es nicht mehr als rund zwei Kilo wiegen. Mehr als 300 Teams bewarben sich.
X-Prize-Wettbewerbe haben schon öfter Schlagzeilen gemacht. 1996 hatte die Stiftung aus den USA zehn Millionen Dollar für einen privat finanzierten Flug bis an den Rand des Orbits ausgelobt. Das Preisgeld hatten sich acht Jahre später die Entwickler des Raketenflugzeugs "SpaceShipOne" gesichert.
Auch die Tricorder-Herausforderung ist jetzt geknackt. "Wir wollten ein wirkliches Produkt für den Konsumenten, das die Menschen gerne benutzen würden", sagte Jessica Ching von der X-Prize-Stiftung bei einer Medizintechnik-Konferenz in San Diego. "Man muss sich das vorstellen: Als wir den Wettbewerb starteten, gab es noch kein Uber, kein Yelp, Facebook war noch sehr früh und Elon Musk noch nicht zu sehen."
An mehrere Teams wurden schließlich Geldpreise ausgegeben, als Sieger ausgezeichnet – und mit 2,6 Millionen Dollar belohnt – wurden die Brüder Basil und George Harris samt ihres Teams. Den zweiten Platz und eine Million Dollar bekam ein Team aus Taiwan, geleitet vom Harvard-Professor Chung-Kang Peng.
Der vom Brüder-Team entwickelte "DxtER" ist ein halbrundes weißes Gerät, das beispielsweise an ein iPad angeschlossen werden kann. Zunächst wird der Patient über eine Software befragt. Dann können über Sensoren, die unter anderem an Brust und Handgelenk angebracht werden, verschiedene Vitalfunktionen gemessen werden.
Das zweitplatzierte Gerät von der Firma Dynamical Biomarkers Group ist eine kleine Box, die an ein Smartphone angeschlossen wird. Darüber wird der Patient befragt und angeleitet, einige Instrumente zu benutzen, die in der Box stecken. So gibt es etwa ein kleines Teil, das sich der Patient ins Ohr stecken kann.
Ziel: Eine sehr viel gesündere Welt
Das Messinstrument überträgt live ein Video aus dem Inneren des Ohres und macht ein Foto, das von der Box ausgewertet wird. Auch der Schlaf des Patienten kann untersucht werden – und das weitaus günstiger als in vielen Schlaflaboren. "Die Kosten für Gesundheitspflege steigen und der Zugang ist schwierig – und das ist ein Problem auf der ganzen Welt", sagt Teamleiter Chung.
Noch handelt es sich bei den Geräten um Prototypen, vom Patienten-Alltag sind sie weit entfernt. Das Preisgeld würde sofort in neue Tests gesteckt, sagt dann auch Charron vom Sieger-Team. Das Ziel sei aber, so bald wie möglich den Patienten direkt zu erreichen. "Wenn wir dazu beitragen können, Patienten zu kreieren, die beispielsweise ihren eigenen Blutzucker oder ihre eigene Lungenfunktion messen, dann werden wir eine sehr viel gesündere Welt da draußen haben."
Die Anwendungsmöglichkeiten seien vielseitig – von abgelegenen Gebieten über Flüchtlingscamps bis hin vielleicht auch irgendwann dann doch wieder zum Weltall, wie einst bei "Raumschiff Enterprise". "Wir versuchen hier in diesem Land ja jemanden zum Mars zu schicken und es wäre doch großartig, wenn der Tricorder es auch wieder ins Weltall schaffen würde."
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