Unterwegs im Elektro-Smart: "Hupen Sie an der Kreuzung!"
MÜNCHEN - Meine Woche im Elektro-Smart (1): AZ-Sportchef Gunnar Jans testet einen „electric drive“. Heute: Die Übergabe.
Solch ein Fahrzeug sorgt für Aufsehen im beschaulichen Haidhausen, wo die Leute vorzugsweise mit Kinderwagen unterwegs sind. Der Sven kommt in kurzer Hose und mit einem schwarzen Gliederzug daher. In seinem Transporter sind fünf Smarts untergebracht, fünf weitere hätten noch Platz, wenn nicht der verbeulte Bentley wäre, den er unterwegs einsammeln musste. Einparken kann man mit solch einem Monstrum nur schwierig, am besten ginge es noch auf den Tramschienen, auch der Sven hat nach all den Jahren noch Probleme, jedenfalls geht dieses Mal ein Wasserkasten vom Getränkeladen gegenüber zu Bruch. Den kleinen Smart, den er aus dem Bauch des Riesenladers rollen lässt, stellt er dann erstmal quer vor der Bäckerei ab, halb auf der Straße, halb auf dem Bürgersteig. "Damit die Leute dich wenigstens sehen, wenn du losfährst", sagt er noch, "hören kann dich nämlich keiner."
Fahrzeugübergabe am Bordeauxplatz. Eine Woche werde ich nun den Smart electric drive testen, eine Social-Media Aktion aus dem ADAC-Blog "Das elektrische Fahrtenbuch" mit zehn Exemplaren eines Elektro-Prototypen von Daimler. Nichtmal 100 Fahrzeuge dieser Versuchsreihe gebe es derzeit, will Sven wissen, "die Leute werden sich nach Ihnen umdrehen - wenn sie Ihnen nicht vors Auto laufen!"
Es ist Sven sehr wichtig, es noch vor dem ersten Losrollen rauszuschreien: NIEMAND HÖRT DICH! Eigentlich logisch, bei einem Elektroauto. Und doch ein bisher einmaliges Erlebnis: Du drehst den Zündschlüssel um, gehst aufs Gas, fährst los - absolut lautlos. Die ersten Meter sind entsprechend gewöhnungsbedürftig: Wenn nichts röhrt, traut man sich kaum auf die Straße. "Gib Strom, Junge!", sagt Sven auf dem Beifahrersitz, "das ist ein richtiges Auto." Das der Vogel auf der Straße freilich nicht zu bemerken scheint. Der rührt sich nicht vom Fleck. "Nicht mal die Krähen hören mich", murmel ich, als wir auf die erste Ampel zurollen. Kinder laufen bei Rot über die Ampel, uns in die Quere. "Machen Sie sich bemerkbar", sagt Sven, "hupen Sie an der Kreuzung!"
An der nächsten Ecke hab ich den Sven dann rausgelassen. Er hat mir noch hinterhergerufen, der Wagen würde über vierzigtausend kosten und ich möge ihm keinen Ärger machen bis nächsten Samstag. Von nun an bin ich allein mit meinem Spielzeugauto, von dem ich noch so wenig weiß. Vor allem nicht: Wie soll ich es betanken, wo bitte ist die nächste Steckdose? Ein Dutzend Stromtankstellen im Betrieb der Stadtwerke München gibt es schon, also führt mich der erste Weg im lautlosen Smart zur nächsten Elektrotanke am Ende der Einsteinstraße, kurz vorm Wertstoffhof. Dort lerne ich: Strom gibt?s hier nur mit Tankkarte. "Fahren Sie mal zum Marienplatz", sagt der Mann am Infotelefon, "im Sperrengeschoss beim SWM-Center könnte es die Karten geben."
Gibt es nicht. Jedenfalls nicht samstags. "Kommen Sie am Montag wieder." Wenn ich dann noch Strom habe. Ich bin dann noch in den Baumarkt gefahren, eine 25-Meter-Kabelrolle kaufen. Nach den ersten 16 Kilometern zeigt die Ladestandsanzeige immerhin noch über 80 Prozent an.
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Gunnar Jans