Porsche 911 GTS: Ein Boxer mit 430 PS
Stuttgart - Porsche macht das ganz offensichtlich richtig. Ein 911er ist nicht einfach nur ein 911er. Sondern eine Familie. Eine mit vielen Familienmitgliedern. Eher bescheidenen, ganz frechen, nach oben offenen, sportlichen und sehr sportlichen. Und genau zwischen den beiden letzten Kandidaten ist auch noch Luft. Nämlich für den GTS.
GTS - das ist die richtige Wahl für diejenigen, denen der Carrera S noch nicht sportlich genug und der GT3 dann doch ein wenig zu puristisch ist und zu radikal der sehr zügigen Fortbewegung anhängt. GTS - das viel Kraft plus hohe Alltagstauglichkeit. Um konkret zu werden: Es sind genau 430 PS, die den Zuffenhauser im besten Fall in 4,0 Sekunden auf 100 beamen und ihn maximal 306 km/h schnell machen.
Porsche wäre aber nicht Porsche, wenn GTS einfach nur GTS wäre. Denn das Drei-Buchstaben-Kürzel steht für mehr: Nämlich für ein Coupé oder ein Cabrio, und das wiederum jeweils als Hecktriebler oder Allradler, der dann noch eine 4 zwischen Carrera und GTS geklebt bekommt. Außerdem steht vor dem Kauf noch die Entscheidung zwischen Sechsgang-Handschalter oder PDK genanntem Doppelkupplungsgetriebe (vulgo Automatik) an. Letzteres ist nicht nur sakrisch schnell und enorm feinfühlig. Es hilft auch beim Spritsparen. Immerhin liegt der Normverbrauch beim Coupé mit Automatik 0,8 Liter unter dem mit Handschalter (8,7 zu 9,5 Liter).
Genug der Theorie. Jetzt wird's praktisch und emotional. Vor allem mit PDK ziemlich einfach, GTS zu fahren. Dank der erwähnten Alltagstauglichkeit fährt er sich halt wie ein ganz normaler Carrera. Bloß hat er im täglichen Straßeneinsatz stets eine noch deutlich größere Reserve in petto. Wo dem S drehzahlmäßig so langsam die Luft ausgeht, legt der Neue noch einmal spürbar zu. 7500 U/min liegen an, wenn der Sechszylinder-Boxer mit 3,8 Liter Hubraum seine Maximal-Leistung abliefert.
Das ist dann nicht nur ein dynamisches, sondern auch ein akustisches Erlebnis. Fahrprogramm auf Sport plus - und der Motor trompetet über die Sportauspuffanlage wahre Sinfonien von Kraft und Herrlichkeit. Das ist ganz großes Ohren-Kino und ein echter Spaß für immer noch nicht ganz erwachsene Zeitgenossen, die es etwa in Tunneln oder Unterfühungen beim Gaswegnehmen brabbeln und sprotzen lassen, dass kein Ohr unberührt bleibt.
Die Abteilung Fahrwerk und Lenkung wurde natürlich dem Leistungszuwachs angepasst und hinterließ im ersten Test auf kurvigen Bergstraßen, in der Stadt, auf Autobahnen und auf der Rennstrecke einen überaus souveränen Eindruck. Eine Sänfte ist der GTS natürlich nicht. Aber in Normalstellung durchaus auch auf der Langstrecke auszuhalten. Wenn's zackiger zur Sache gehen soll, reicht ein Druck aufs Knöpfchen mit dem Federbein-Symbol. Dann ist Sport pur dran, spürbar kompromisslos. In beiden Zuständen sind Kurvengeschwindigkeiten möglich, die im Zweifelsfall den nicht so geübten Piloten an seine Grenzen bringen. Aber nicht den GTS.
Natürlich kann man den schnellen 911-Spross fast nach Belieben individualisieren und sonderausstatten. Bei In- und Exterieur, Licht, Assistenzsystemen, Audio und Kommunikation, und und, und. Ein Extra der besonderen Art ist die Keramikbremsanlage für 8508,50 Euro, die nochmal deutlich fadingfreier zupackt als das auch ausgezeichnete Serienmodell - und die eine garantierte Lebensdauer von mindestens 200 000 Kilometern hat.
Ein (Options-)Preis ist schon raus, jetzt folgen die nächsten: Wer GTS fahren möchte, sollte mindestens 117 549 Euro mitbringen, dafür gibt es das heckgetriebene, handgeschaltete Coupé. Oben in der Preisliste macht sich das 137 422 Euro treure Allrad-Cabrio mit PDK breit. Das Testexemplar kam mit einigen feinen Extras sogar auf knapp 170 000 Euro.