Mythos Harley-Davidson: Echte Freaks und (falsche) wilde Männer
MÜNCHEN - 2010 gibt’s zwei Feste für Harley-Fans. AZ-PS-Experte Rudolf Huber wundert sich über den Hype wegen des Schwermetalls aus Milwaukee.
Harley-Davidson: Dieser Name setzt bei vielen Männern eine Art Pawlowschen Reflex in Gang: Endorphine werden ausgeschüttet, der Blutdruck steigt, die Augen beginnen zu glänzen. Schon jetzt weisen die cleveren Amis auf ihre Jubiläen im kommenden Jahr und die dafür aufgelegten Sondermodelle hin: Die Fat Boy wird 20, die Wide Glide 30 Jahre alt. Ein Fest für die Fans. Ich kann den Hype aber nicht so recht nachvollziehen.
Mein erster Kontakt mit einer Harley, dem noch mehrere ähnliche folgten, liegt schon knapp 20 Jahre zurück. Es war eine Electra Glide, unglaublich schwer, unglaublich laut, unglaublich lahm. Die ersten 50 Kilometer war ich versucht, das Teil einfach wieder zurück zu bringen. Aber das Pflichtbewusstsein siegte.
Nichtangriffspakt mit der dicken Lady
Im Lauf unseres Kontakts kristallisierte sich eine Art Nichtangriffspakt heraus: Ich verlangte von der dicken Lady aus Milwaukee nicht mehr, als sie freiwillig zu geben bereit war. Und sie verschonte mich dafür vor diesem nervigen Aufsetzen in jeder zweiten Kurve. Und vor dem Funkenflug hinten an den dicken Trittbrettern.
Zuneigung oder gar Liebe entstanden so nicht. Eher das Gefühl: Wer freiwillig mit so etwas rumfährt – und dafür auch irre viel Geld bezahlt –, der kann doch nicht ganz dicht sein. Und überhaupt die Klientel: Neben ein paar echten Freaks mit langen Haaren und Rauschebart sind das Zahnärzte, Banker, Steuerberater. Sie machen am Wochenende auf wilder Mann und lassen in großen Pulks die nonkonformistische Sau raus. Das muss man mögen. Ich mag’s nicht.
Noch dazu, wo das ganze Gedöns um Harley ja hauptsächlich eine geniale Marketing-Idee ist. Um einen Heavy-Metal-Motor werden diverse Rahmen herumgebaut. Die kriegen dann zum Geburtstag etwa ein gelb-oranges Flammenmuster (siehe oben). Die Fangemeinde jubelt. Das Ganze kombiniert mit einer kreativen Merchandising-Abteilung und einem vermeintlich total exklusiven Harleys Owners Club (HOG) – fertig ist das Geschäftsmodell H-D.
Motorradfahren ist etwas ganz anderes. Dazu braucht man nämlich unter anderem eines: ein richtiges Motorrad.
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