Kleiner Rüsselsheimer mit 75 PS
Mit dem Karl bietet Opel ein sachlich-solides Pendant zum bunten Adam. Wir haben den Pragmatiker unter den Kleinstwagen ausführlich getestet.
München - Kleinstwagen liegen heutzutage im Trend. Längst haben die Winzlinge ja nichts mehr mit scheppernden Blechbüchsen früherer Tage gemeinsam, wie beispielsweise der von der AZ getestete Opel Karl. Es sind sie solide Untersätze mit angenehmen Manieren und hohem Komfort- und Sicherheitsstandard – zumindest, wenn sich der Käufer einige Extras gönnt. Der kleinste Opel ist jedenfalls in Sachen Vernetzung und Konnektivität auf dem aktuellsten Stand
Im Gegensatz zum schicken Paradiesvogel Adam gibt der Karl den Pragmatiker: Er ist grundsätzlich fünftürig, schaut ein bisschen aus wie ein geschrumpfter Corsa und hat alles da, wo es hingehört. Design-Spielereien sind bei ihm kein Thema, hier regiert sachlicher Nutzwert.
Seine Form ist durchaus ansehnlich, aber er verzichtet fast komplett auf Schminke und Accessoires – und das ist bestimmt nicht abwertend gemeint. Auf 3,68 Meter Länge haben die Designer ein ausgereiftes Auto gestellt, das es in sich hat.
Nur ein Motor verfügbar
Der Dreizylinder mit 999 Kubik ist im Karl alternativlos. Es gibt nur den einen, er leistet immer 75 PS. Wer den Kleinstwagen artgerecht einsetzt, ist damit auch gut bedient. Das bedeutet: Ein Auto mit 75 PS schwimmt im Stadtverkehr locker mit, auf der Langstrecke wird es mit dem turbolosen Saugmotor dann aber doch etwas zäh.
Lesen Sie hier: Neuheiten und Trends der Fahrradmesse
Mit reichlich Anlauf sind knapp über 160 Sachen drin, Überholmanöver auf der Landstraße sollten gut überlegt werden – sie ziehen sich. Bei höheren Drehzahlen wird es im kleinen Rüsselsheimer relativ laut. Dafür hielt sich im AZ-Test der Verbrauch in vertretbaren Grenzen. 5,7 Liter waren es letztlich im Schnitt, 4,5 Liter gibt Opel als Normverbrauch an.
Die Vernetzung ist top
In Sachen Elektronik und Vernetzung lässt sich der kleine Karl auch von großen Autos nichts vormachen. Wer das Radio R 4.0 IntelliLink wählt (Aufpreis 350 Euro), bekommt damit die automatische Musikerkennung bei Audiogeräten mit USB-Anschluss und Bluetooth-Audiostreaming, ein Sieben-Zoll-Touchscreen-Farbdisplay, Sprachbedienung für Navigation, Musik oder Telefon und kann Textnachrichten diktieren oder sich vorlesen lassen. Eine USB-Schnittstelle gibt es, und zwei Assistenzsysteme hat der Karl auch, nämlich den serienmäßigen Bremsassistenten und den Spurassistenten, der 250 Euro extra kostet.
Das Fahrwerk hat keine Mühe, mit der gebotenen Leistung fertig zu werden. Der kurze Karl liegt angenehm abgestimmt auf der Straße, meistert auch flottere Kurven und wird zuverlässig vom ESP eingebremst, wenn es der Fahrer doch mal übertreiben sollte.
Die Lenkung liefert eine gute Rückmeldung, die Sitzposition des Fahrers auf dem höhenverstellbaren Stuhl ist gut, die Sicht nach schräg hinten etwas eingeschränkt. Im Fond sitzen zwei Passagiere bei nicht zu großen Vornsitzenden zufriedenstellend.
Laderaum hat unschöne Stufe
Der Kofferraum ist mit 165 bis 875 Litern klassenüblich groß, das Umklappen der Rücksitzlehnen setzt allerdings mühsame Vorarbeit voraus: Vordersitze nach vorne, Sitzpolster hinten hoch und nach vorne klappen, Kopfstützen hinten weg – und dann hat der Laderaum noch immer keinen ebenen Boden. Das können andere Kleine eindeutig besser. Mit einem Wendekreis knapp unter zehn Metern und dank seiner Breite von nur 1,60 Metern flutscht der Karl wendig durch die Stadt. Und wer bereit ist, dafür Geld auszugeben, bekommt sogar ein beheiztes Lenkrad und beheizbare Vordersitze. Welch ein Luxus im Kleinen.
Fazit: Der Opel Karl ist ein sympathischer Zeitgenosse, er verzichtet auf Show und Glitter und ist ganz einfach ein kleines, solides, praktisches Auto für die Kurz- und Mittelstrecke. Sein Dreizylinder ist wirklich eine Basismotorisierung, ein paar PS mehr durch einen kleinen Turbolader wären in vielen Situationen sehr willkommen.
Aber das geht dann gleich wieder ins Geld. Auch das ist so ein Thema: Ab 9500 Euro ist der Basis-Karl zu haben, als zugegebenermaßen richtig gut ausgestatteter Innovation kostet er schon 13.155 Euro. Und wer dann noch ein paar Extras reinpacken lässt, ist wie im Falle des Testwagens gleich mal 15.915 Euro los.