IAA ganz im Zeichen "grüner Autos"

Es ist ein Déja-Vu: Wer die diesjährige Internationale Automobil-Ausstellung IAA besucht, hat den Eindruck, vieles schon einmal erlebt zu haben. Alle zwei Jahre erfindet sich die Branche auf der weltgrößten Automesse neu.
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Ein Stromkabel führt direkt zu einem Toyota-Elektrofahrzeug. Öko-Autos stehen im Mittelpunkt der IAA in Frankfurt.
dpa 3 Ein Stromkabel führt direkt zu einem Toyota-Elektrofahrzeug. Öko-Autos stehen im Mittelpunkt der IAA in Frankfurt.
Zukunfts-Hoffnung: der VW E-up.
nz 3 Zukunfts-Hoffnung: der VW E-up.
Zweisitzer: das Konzeptauto L1 von VW.
nz 3 Zweisitzer: das Konzeptauto L1 von VW.

FRANKFURT - Es ist ein Déjà-Vu: Wer die diesjährige Internationale Automobil-Ausstellung IAA besucht, hat den Eindruck, vieles schon einmal erlebt zu haben. Alle zwei Jahre erfindet sich die Branche auf der weltgrößten Automesse neu.

Mal ist es das Drei-Liter-Auto, mal Bio-Ethanol als Treibstoff der Zukunft und dieses Mal der Elektromotor. Die Konzerne loben ihre umweltfreundlichen Modelle, die schon morgen in den Autohäusern stehen sollen. Doch der Fortschritt ist gerade in dieser Branche eine Schnecke: Viele Konzeptautos und Weltpremieren werden nie gebaut.

Schon auf der IAA 1995, also vor 14 Jahren, zeigte die Autoindustrie das Drei-Liter-Auto und versprach vollmundig, dass es bis zum Jahr 2000 vom Band rollen sollte. Daraus wurde nichts. Schon damals kritisierte der Umweltschutzverband BUND das Modell als „Feigenblatt“ der Autoindustrie. Der 3-Liter-Lupo von VW und der sparsame Audi A2 kamen zu früh, sagt die Branche. Sie waren zu teuer, sagten die Verbraucher, die keinen Aufpreis von 3000 Euro zahlen wollten. Nur etwa 30 000 Wagen fanden in fünf Jahren einen Abnehmer und Volkswagen musste Lehrgeld zahlen.

„Der Kunde zahlt für PS, der Hersteller zahlt für einen eingesparten Liter Sprit“, lautete das Fazit der Autoindustrie. Deshalb hat die deutsche Industrie heute Nachholbedarf: Nach einer Studie des Europäischen Verbandes für Verkehr und Umwelt (T&E) haben die im Jahr 2008 EU-weit verkauften Autos im Schnitt 153 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausgestoßen – die Autoflotten deutscher Hersteller lagen um 10 Gramm höher.

Beim Hybrid abgehängt

Zu lange glaubten die heimischen Hersteller an den Diesel als umweltfreundlichen Antrieb der Zukunft. So ließen sie sich beim Hybrid – der Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor – von den Japanern überholen. Bei den Batterien für vollelektrische Autos sind die Chinesen bereits vorne. Für die gerade einsetzende Elektrifizierung der Antriebe fehlt einigen Marken schlicht das Wissen. Anderen fehlt in der schwersten Krise der Branche seit dem Zweiten Weltkrieg das Geld für die notwendigen Investitionen. Nach Schätzungen könnte in der deutschen Autoindustrie mit 721 000 Mitarbeitern in den nächsten fünf Jahren jeder fünfte Job wegfallen.

Warum reagiert die Branche, die sich ihrer Innovationsfähigkeit rühmt, so langsam? „Nur politischer Druck bringt die Autoindustrie auf Spur“, sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Bestes Beispiel ist der Schadstoff-Ausstoß: Jahrelang hielten die Hersteller ihre Selbstverpflichtung nicht ein, erst als die EU im vergangenen Jahr ein verbindliches Ziel von 120 Gramm CO2 pro Kilometer für den Flottendurchschnitt bis 2015 vorschrieb, reagierte die Industrie.

Ein anderer Grund sind die langen Entwicklungszeiten. Vom ersten Entwurf bis zum Modell im Autohaus dauert es vier bis sechs Jahre. „Die Autohersteller haben erst vor einem Jahr bei der Entwicklung umweltfreundlicher Autos Gas gegeben – also werden wir die ersten Serienfahrzeuge erst auf der nächsten IAA 2011 sehen“, sagt Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft. „Die jetzt versprochene grüne Revolution findet erst in zwei Jahren statt.“

Viele Studien, wenig Konkretes

Viele Studien, aber wenig Konkretes ist dieses Mal zu sehen. Eine Ausnahme bilden Modelle mit Hybrid – also einer Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor. Grün ist schick – deshalb setzen selbst die deutschen Premiumhersteller auf Elektroautos. Mit der Serienproduktion wird allerdings frühestens 2010 begonnen. Noch reicht der Akku kaum weiter als 160 Kilometer, es fehlen die Steckdosen an der Straßenecke und das Ganze ist teuer.

Ein Grund ist aber nach wie vor der Preis. Das Institut für Automobilwirtschaft hat berechnet, wie viel ein batteriebetriebener Elektro-Auto Golf mehr kosten würde als ein Golf Diesel: Der Aufpreis beträgt rund 18 000 Euro. Erst nach einer Fahrleistung von 200 000 Kilometern hätte sich diese Summe amortisiert. Bei Brennstoffzellen wäre der Aufpreis exorbitant hoch. Das zahlt kein Kunde.

Eines zumindest ist anders als sonst: Die deutschen Hersteller sind beim Elektro-Auto angriffslustig, sie wollen dieses mal vorne dabei sein und sich nicht wie beim Hybrid von den Japanern überrunden lassen. Und noch etwas ist anders: „Umweltautos kommen weg aus der miefigen 80er Jahre Öko-Ecke“, sagt Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight. (dpa)

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