Große Klappe im Rapid

Der neue Skoda macht nur optisch auf Stufenheck-Limousine. Und er bietet für seine Klasse sehr viel Platz für Beine und Gepäck.
von  Hans-Joachim Rehg
Eine klare Formensprache ist beim neuen Skoda Rapid Programm
Eine klare Formensprache ist beim neuen Skoda Rapid Programm © AZ

BRATISLAVA - Opel taumelt, Peugeot schließt ein Werk nahe Paris – und Skoda kennt beim Blick in die Zukunft nur ein einziges Wort: Wachstum. Zerrissener könnte das Bild kaum sein, das die europäische Autoindustrie gerade abgibt. Bis 2018 will die tschechische VW-Tochter weltweit 1,5 Millionen Autos verkaufen. Bereits in diesem Jahr wird erstmals die Millionen-Grenze angepeilt.

Eine wichtige Rolle dabei spielt der neue Rapid, der im November nach Deutschland kommt, zu einem Preis, der hauchdünn über 14.000 Euro liegen wird. Um die Konkurrenz noch eine Zeit lang im Unklaren zu lassen, hält sich Skoda mit konkreteren Angaben zurück. Das ist in diesem Fall nachvollziehbar, denn der Rapid soll Kunden abfangen, die den Wunsch verspüren, zu Billigmarken abzuwandern. Skoda verfolgt dabei eine interessante Strategie: Preisbrecher wie Dacia werden nicht unterboten, sondern mit guter Qualität zu günstigen Preisen attackiert.

Davon konnten wir uns bei einer ersten Testfahrt rund um Bratislava bereits überzeugen. Der Rapid ist eine Limousine im Format des Octavia der ersten Generation. Weil aber bei fast identischer Außenlänge (4,48 m) ein wesentlich größerer Radstand realisiert wurde, ist das Raumangebot deutlich üppiger. Es dürfte schwer fallen, in dieser Klasse ein Fahrzeug mit mehr Beinfreiheit im Fond und größerem Kofferraum (550 Liter) zu finden.

Dieser ist auch sehr gut nutzbar, weil der neue Skoda optisch zwar ein klassisches Stufenheck andeutet, in Wirklichkeit aber über eine große Heckklappe verfügt. Es ist schon bemerkenswert, wie die tschechischen Ingenieure mit den Bausteinen aus dem VW-Regal ihre eigenen Ideen verwirklichen. Welches Teil aus welcher Baugruppe stammt, bleibt dabei oft ungewiss. Egal, das Gesamtergebnis zählt und da zeigt der Rapid auch auf den schlechteren Landstraßen vor den Toren der slowakischen Hauptstadt, dass die Federung ihre Aufgabe erfüllt und alles sauber verbaut ist.

Kein Knistern oder Knarzen stört das Wohlbefinden. Das Motorenprogramm des Rapid startet bescheiden mit einem Dreizylinder (75 PS), der mit 6,1 Liter den höchsten Normverbrauch aufweist. Alle anderen Aggregate sind Direkteinspritzer mit Turboaufladung (86 bis 122 PS). Der 86 PS starke 1.2 TSI dürfte sich dabei aufgrund seiner harmonischen Kraftentfaltung und der ausreichenden Fahrleistungen (183 km/h; 0-100 in 11,8 Sekunden) bei moderatem Verbrauch (Norm 5,1/5,7 Liter laut Bordcomputer) schnell zum Bestseller aufschwingen.

Mit Green tec-Paket (Start-Stopp, Bremsenergie-Rückgewinnung) kann der Spritkonsum noch weiter reduziert werden. Bei jeder neuen Baureihe hat Skoda den Ehrgeiz, kleine, praktische Details neu zu erfinden. Im Falle des Rapid ist es ein in der Tankklappe integrierter Eiskratzer. Der transparente Schaber dient gleichzeitig als Lupe zum Kartenlesen. Auch neu: Ein Spezialfach unter dem Fahrersitz für die in den meisten europäischen Ländern vorgeschriebene Warnweste.

Der Name Rapid wurde in der wechselvollen Skoda-Historie bereits mehrfach verwendet. Zuletzt für ein Heckmotor-Coupé, das in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in Großbritannien Kultstatus erlangte. Was damals zu Zeiten des Eisernen Vorhangs eine Ausnahme war, gehört mittlerweile zu den selbstverständlichen Zielen der Marke: Nach Europa soll der Rapid China und Russland erobern.

 

 

 

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