Genfer Autosalon 2015: Die SUV-Neuheiten

Als ob es nicht schon genug Geländewagen gäbe! Weil Experten die Allradler weiter im Vorwärtsgang sehen, drängen immer neue Modelle und Marken auf den Markt. Und ein Ende des Booms ist nicht absehbar.
Genf – Im Gelände geht das Gedrängel weiter. Denn Autos für die Buckelpiste boomen: Kein Segment wächst so stark wie das der SUVs. "Diese Autos treffen den Zeitgeist", sagt Felix Kuhnert, Leiter des Bereichs Automotive bei der Beratungsfirma Pricewaterhousecoopers. So überzeugten das dynamische Design und der praktische Nutzwert viele neue Kunden. Hinzu kämen verbesserte Verbrauchswerte und die derzeit günstigen Spritpreise.
Von dieser Entwicklung will jeder Hersteller gern profitieren. Entsprechend viele Neuheiten fahren auf dem Autosalon in Genf (Publikumstage: 5. bis 15. März) vor. Etablierte Modelle werden überarbeitet, bestehende Baureihen bekommen zusätzliche Varianten oder Ableger in neuen Größen. Und immer weitere Marken folgen dem Trend. So hat jetzt zum Beispiel auch Seat seinen ersten Geländewagen vorgestellt und in Genf das Tuch vom 20V20 gezogen.
Zwar ist dieses betont sportliche SUV von knapp 4,70 Metern nur eine Vision und laut Firmenchef Jürgen Stackmann "ein Schuh, in den Marke und Modellpalette erst hineinwachsen müssen". Doch steht der Allradler auch als Platzhalter für einen kleineren Geländewagen, der binnen Jahresfrist zu den Händlern kommt, wie Stackmann bestätigt.
Einen Schritt weiter sind Marken wie Renault und Mazda, die ihre Modelle fürs Grobe jetzt so langsam auffächern - allerdings in gegenläufiger Richtung. Während die Franzosen dem kleinen Capture den großen Kadjar zur Seite stellen, dampfen die Japaner den CX-5 ein und schicken gegen Opel Mokka und Co künftig einen CX-3 ins Rennen.
Wer es in diesem Segment etwas vornehmer mag, dem empfiehlt sich ein Blick auf die japanischen Nobelmarken Infiniti und Lexus, die ebenfalls mit kompakten Geländewagen um Aufmerksamkeit buhlen und in neue Segmente streben. Zwar sind sowohl der Lexus LF-SA als auch der Infiniti QX30 noch Studien. Doch zumindest letzterer wird schon Anfang nächsten Jahres in Serie gehen, kündigt Firmenchef Roland Krüger an. Dass Infiniti damit so schnell ist, hat einen einfachen Grund: Die Technik unter dem schnittigen SUV-Kleid übernehmen die Japaner vom Kooperationspartner Daimler aus dem Mercedes GLA.
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Das andere Ende der Skala markiert der Ssangyong Tivoli, der im Sommer als neues Einstiegsmodell des koreanischen Herstellers startet. Zwar ist der bullig gezeichnete Geländegänger zum Verkaufsbeginn im Sommer erst einmal nur als Benziner mit Frontantrieb lieferbar. Doch dafür soll er laut Pressesprecherin Ute Margetts bereits für weniger als 17 000 Euro angeboten werden. Ein weiterer Neuzugang auf der Buckelpiste kommt ebenfalls aus Korea - selbst wenn er einen alten Namen hat. Denn Hyundai schickt in Genf den iX35in den Ruhestand und bringt mit dem Generationswechsel die Bezeichnung "Tucson" zurück.
Aber es sind nicht nur neue Marken und Modelle, die sich im Gelände breitmachen wollen. In Genf zeigt sich auch eine weitere Diversifizierung der einzelnen Baureihen. So hat Land Rover das erste moderne SUV-Cabrio auf Basis des zum Salon etwas aufgefrischten Evoque angekündigt. Und Mercedes eifert mit dem sportlich beschnittenen GLE Coupé dem Erfolg des BMW X6 nach. Aber die ohne Zweifel schnittigste SUV-Variante steht bei Aston Martin. Auch der Sportwagenhersteller folgt dem Trend zum Hochbau und liebäugelt mit der Studie DBX mit einem ersten CrossOver-Modell. Denn wer sagt denn, dass nicht auch ein Gran Turismo familienfreundlich und praktisch sein kann, fragt Firmenchef Andy Palmer.
Geländewagen als Lifestyle-Modelle mit freiem Blick zum Himmel, der Silhouette eines Coupés oder der Statur eines Sportwagens? Von solchen Spielereien hebt sich die Mercedes G-Klasse deutlich ab: Der Klassiker verzichtet auf alle Rundungen und präsentiert sich auf dem Salon als seriennahe Studie 4x4hoch2 noch kantiger.
Auf den nächsten Messen dürfte es noch mehr Überraschungen geben. Denn auch die Traditionsmarke Borgward will ihr Comeback im Herbst auf der IAA mit einem kompakten Geländewagen starten. Und sogar Rolls-Royce wagt sich auf schwieriges Terrain. Die britische BMW-Tochter hat zwar jahrelang beteuert, dass ein Rolls-Royce im Matsch nichts zu suchen habe. Kurz vor der Messe in Genf ist der Autobauer aber eingeknickt und hat ebenfalls einen Geländewagen angekündigt. Allerdings räumt er ein, dass die Entwicklung noch einige Jahre dauern wird.
Aber selbst wer spät kommt, wird in diesem Segment noch glänzende Geschäfte machen, sagen Fachleute wie der PwC-Experte Kuhnert voraus. Allerdings könnte der Wind irgendwann auch wieder in eine andere Richtung wehen, räumen Entwickler und Analysten auf dem Messeparkett ein. Nicht nur, weil sich die hohen, breiten und meist schweren Geländewagen physikalisch nicht so recht mit den immer strengeren CO2-Vorgaben vereinen lassen. "Sondern auch, weil sich der Geschmack der Kunden irgendwann wieder ändern wird", meint ein Top-Manager aus dem VW-Konzern. "Denn wenn in ein paar Jahren fast jeder hoch über der Straße in einem Geländewagen thront, dann sehnen sich sicher die ersten Kunden schnell nach etwas Neuem und wollen irgendwann wieder näher am Asphalt sitzen."