Erste Ausfahrt im Nio ET7

Eine Strom-Limousine mit Wechsel-Akku.
von  Rudolf Huber
Der ET7 kann bei einer ausgedehnten Ausfahrt auf städtischen Pisten, Landstraßen und Autobahnen durchaus überzeugen.
Der ET7 kann bei einer ausgedehnten Ausfahrt auf städtischen Pisten, Landstraßen und Autobahnen durchaus überzeugen. © Rudolf Huber

Die Elektrifizierungswelle rollt und chinesische Hersteller wie Aiways, Lynk, MG, BYD und Great Wall Motors sind dafür gut gerüstet. Eine Marke nach dem anderen dockt in Deutschland, vorwiegend in München, an und präsentiert ihre Produkte.

Erfolgreiches Start-up aus China

Die können es technisch und optisch längst mit denen der angestammten Autobauer aufnehmen. Oder sie legen sogar noch etwas obendrauf. So wie Nio. Das erfolgreiche Start-up aus dem Reich der Mitte setzt nicht nur auf sehr ansehnliche Formen und auf hochwertige Technik.

Die elegant geformte 5,10-Meter-Limousine (endlich mal kein SUV!) macht auch von hinten einen guten Eindruck.
Die elegant geformte 5,10-Meter-Limousine (endlich mal kein SUV!) macht auch von hinten einen guten Eindruck. © Rudolf Huber

Volle Akkus in sechs Minuten

Nio kann mehr: Zusätzlich zur Möglichkeit, die Akkus des Erstlings ET7 am Schnelllader zu füllen können sie an sogenannten Swap-Stations auch komplett gegen vollgeladene Saftspender ausgewechselt werden. Das dauert inklusive Rein- und Rausfahren knapp über sechs Minuten und läuft weitestgehend vollautomatisch ab.

Im Innovationspark Zusmarshausen bei Augsburg steht schon so eine Station. Und sie funktioniert auch. Wir haben es auf unserer Testfahrt ausprobiert. Viele weitere sollen folgen.

An der Swap-Station wird in wenigen Minuten vollautomatisch der Akku gewechselt.
An der Swap-Station wird in wenigen Minuten vollautomatisch der Akku gewechselt. © Rudolf Huber

Ausfahrt mit dem ET7

Aber unser Hauptaugenmerk gilt ja dem Fahrzeug selbst, dem ET7. Bei einer ausgedehnten Ausfahrt auf städtischen Pisten, Landstraßen und Autobahnen konnte die elegant geformte 5,10-Meter-Limousine (endlich mal kein SUV!) durchaus überzeugen. Zum einen, weil die beiden Akkus mit 75 und 100 kWh Kapazität Reichweiten von 445 und 580 Kilometern ermöglichen.

Auf dem Watchtower über der Frontscheibe hat Nio diverse Überwachungssysteme installiert.
Auf dem Watchtower über der Frontscheibe hat Nio diverse Überwachungssysteme installiert. © Rudolf Huber

Muntere 653 PS

Zum anderen, weil die Limousine muntere 653 PS und ein maximales Drehmoment von 850 Newtonmetern auf alle vier Räder loslässt und entsprechend flott unterwegs ist: null bis 100 in nur 3,8 Sekunden, Spitze 200 km/h. Den Verbrauch gibt Nio mit 19,0 kWh/100 km an – dafür muss man aber ziemlich zurückhaltend unterwegs sein. Der Vollständigkeit halber: Die maximale Ladeleistung liegt bei 130 Kilowatt, das ist nicht unbedingt rekordverdächtig – swappen geht jedenfalls viel fixer.

Die Software bleibt immer up to date

Dank der fein austarierten Luftfederung ist man im Nio ET7 geschmeidig und komfortabel unterwegs. Die Ausstattung mit Komfort- und Sicherheitszutaten ist üppig, fast alle Funktionen werden in dem Tesla Model S-Kontrahenten über den großen Touchscreen angewählt – bis hin zur Aktivierungs der Warnblinkanlage. Durch regelmäßige Updates over the air bleibt die Software des Fahrzeugs immer auf dem neuesten Stand.

Die Armaturen und Bediensysteme sind gut platziert und ansehnlich angerichtet.
Die Armaturen und Bediensysteme sind gut platziert und ansehnlich angerichtet. © Rudolf Huber

Eindrucksvolle Rechenleistung

22 Assistenzsystme hat Nio im ET7 installiert, ihre Infos bekommen sie unter anderem per LIDAR-Sensor vom "Watchtower" über der Frontscheibe, von elf hochauflösenden Video-Kameras und von 32 Sensoren. Höchst eindrucksvoll ist die Rechenleistung des China-Stromers: Pro Sekunde schaffen die vier Orin-Chips 1016 Tensor-Operationen (TOPS). Laut Nio Germany General Manager Ralph Kranz entspricht das der Leistung von 100 Playstation 5.

Auf einen Front-Kofferraum (Frunk) unter der vorderen Klappe hat Nio verzichtet.
Auf einen Front-Kofferraum (Frunk) unter der vorderen Klappe hat Nio verzichtet. © Rudolf Huber

Hochwertige Materialien, kleiner Kofferraum

Aber zurück auf die Straße. Die Eingewöhnung auf den brandneuen Wagen fällt leicht. Dank der hochwertig verarbeiteten und angenehm anzuschauenden und anzufassenden Materialien im Innenraum und der komfortablen Sitze mit reichlich Bein- und Armfreiheit fühlt man sich sofort wohl. Eine feine Soundanlage und eine exakt justierbare Klimatisierung tun ein Übriges. Nicht so berauschend ist der nominell 370 Liter fassende, tiefe und flache Kofferraum.

Der Kofferraum entpuppt sich als tiefe, nicht eben große Höhle.
Der Kofferraum entpuppt sich als tiefe, nicht eben große Höhle. © Rudolf Huber

Gute Stimmung dank Sprachassistentin

Für die Kommunikation ist Nomi zuständig, eine freundliche Sprachassistentin, die in einem runden Gehäuse auf dem Armaturenbrett untergebracht ist. Sie ist hilfreich, wenn es um Infos zu Reichweite, Wetter, Sitzheizung oder sonstige Einstellungen geht. Und wenn sie besonders gut drauf ist, blinzelt sie den Passagieren listig zu. So ein Gimmick ist jetzt nicht unbedingt zwingend nötig. Aber es sorgt für gute Stimmung.

Die Bedienung des ET7 erfolgt hauptsächlich über das mittige Touch-Display.
Die Bedienung des ET7 erfolgt hauptsächlich über das mittige Touch-Display. © Rudolf Huber

Kaufpreis startet bei rund 70.000 Euro

Die sollte man auch mitbringen, wenn es um den Preis geht. Ursprünglich wollte Nio den ET7 in Deutschland gar nicht verkaufen, sondern nur verleasen. Die Reaktion potenzieller Interessenten hat den deutschen Importeur aber dazu gebracht, jetzt doch Preise zu nennen. Ab 69.900 Euro ist die feine Limousine zu haben – ohne Akku. Wer den Kraftspender ebenfalls kaufen und nicht mieten will, ist beim großen Akku ab 90.900 Euro, mit 75-kWh-Batterie ab 81.900 Euro dabei.

Die Frontpassagiere haben reichlich Platz zur Verfügung.
Die Frontpassagiere haben reichlich Platz zur Verfügung. © Rudolf Huber

Fazit zum ET7

Fazit nach der ersten Testfahrt: Mit dem ET7 hat Nio vieles richtig gemacht, die Möglichkeit, den Akku zu tauschen, verschafft ihm ein Alleinstellungsmerkmal. Zudem ist er schick, flott, sicher und angemessen eingepreist. Es wird spannend, wie er sich gegen die deutschen und amerikanischen Platzhirsche wie Mercedes EQS, Tesla Model S oder Porsche Taycan durchsetzen kann.

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