Elektroautos: Kommt es zum Tagesschau-Problem und einem Blackout?

In Deutschland könnte bis 2030 jeder dritte Wagen elektrisch fahren – doch Stromnetze hierzulande sind darauf nicht vorbereitet.
von  az/Otto Zellmer
Um das Netz zu entlasten, ist das zeitlich flexible Laden der umweltfreundlichen Stromer eine Lösung.
Um das Netz zu entlasten, ist das zeitlich flexible Laden der umweltfreundlichen Stromer eine Lösung. © Jan Woitas/dpa

Berlin - Die Ziele sind ambitioniert: Daimler will bis 2022 jedes seiner Modelle als E-Variante auf den Markt bringen und bei VW soll bis zum Jahr 2025 jedes vierte Fahrzeug des Konzerns batterieelektrisch angetrieben sein.

Bis 2030 könnte somit jedes dritte Auto auf den Straßen von Sonthofen bis Flensburg mit Strom fahren.

Boom auf Strom-Autos

Doch ist das Netz auf den zu erwartenden Boom bei den Strom-Autos vorbereitet? Keinesfalls. Sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, sei ab einer E-Wagen-Quote von 30 Prozent auf Deutschlands Straßen mit "flächendeckenden Stromausfällen" zu rechnen, wie das "Handelsblatt" nun berichtet. Die Zeitung beruft sich auf eine Untersuchung der TU München mit der Unternehmensberatung Oliver Wyman. In Gebieten rund um München könnten "schon in den kommenden fünf bis zehn Jahren Versorgungsengpässe entstehen", heißt es.

Problematisch wird bei Millionen neuer E-Autos nicht der zusätzliche Bedarf an Strom, sondern die höheren Spitzenlasten im Niederspannungsnetz – der Teil bis zum Anschluss der Kunden.

"Tagesschau-Problem": Alle laden ihr E-Auto um 20 Uhr

Vier von fünf E-Wagen laden die Besitzer aktuell zuhause oder am Arbeitsplatz. "Wenn alle gleichzeitig um 20 Uhr ihr Auto mit Strom volltanken wollen, knallt es im Netz", warnt Thomas Fritz von Oliver Wyman. Der Experte spricht vom "Tagesschau-Problem".

Ein Ortsnetz schafft es laut Fritz, rund 120 Haushalte zu versorgen. Während die Tagesschau um Punkt 20 Uhr beginnt, können rund 20 bis 25 Autos ohne Probleme mit Strom aufladen – aber 36 Wagen reichen, um das Netz zu überlasten. Das Analysehaus Aurora Energy geht davon aus, dass aufgrund der Nachfragespitzen beim Laden fünf Gigawatt Zusatz-Kraftwerksleistung vorgehalten werden müssen. Tausende E-Autos würden dann statt mit sauberer Energie mit Kohlestrom betankt – der dreckigsten Energie.

Kabeltausch wichtig und notwendig

Ohne Milliarden-Investitionen in die stellenweise völlig veraltete elektrische Infrastruktur wird es laut der Netzbetreiber Innogy oder Eon zum Blackout kommen. Teils liegen Kabel 80 Jahre unter der Erde und müssen ausgetauscht werden. Oliver Wyman rechnet mit Kosten von bis zu elf Milliarden Euro, um das Stromnetz fit für das E-Auto-Zeitalter zu machen.

Der sündhaft teure Netzausbau ließe sich mit flexiblem Laden verhindern. Die E-Autos dürften nicht dann mit Strom versorgt werden, wenn der Nutzer sie an die Steckdose anschließt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die Probleme dabei: Noch fehlt’s an einer intelligenten Software-Lösung und Netzbetreiber sind nicht ermächtigt, auf E-Ladesäulen zuzugreifen.

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